Giorgione.
am Fondaco.
Fresken
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Figuren und steinfarbige Köpfe als Consolen; an den abgestumpften
Ecken des Gebäudes Geometer mit der Messung der Erdkugel be-
schäftigt; endlich theilte er den oberen, die Facade abschliessenden
Fries in Nischen, welche einzelne Gestalten enthielten. Alle diese
Werke sind bis auf die letzte Spur untergegangen; die spärlichen Reste
hat im vorigen Jahrhundert Zanetti gezeichnet und herausgegeben,
aber aus den wenigen einzelnen Figuren lässt sich kein Urtheil über
Werth und Zusammenhang des Ganzen gewinnen. Vasari, der das
Einzelne höchlich lobt, tadelt, dass man weder eine Folge von Bildern,
noch einzelne Begebenheiten aus dem Leben berühmter Personen des
Alterthums oder der neueren Zeit finde; er für seinen Theil habe nie
den Sinn des Ganzen verstehen können und auch Niemand gefunden,
der verstanden hätte, ihn zu erklären. Offenbar hat Giorgione sich von
dem herkömmlichen Gedankengang solcher Darstellungen losgesagt und,
sich dem freien Zuge seiner Phantasie überlassend, ein Werk geschaffen,
das nur durch den Zauber der Schönheit und malerischer Behandlung
fesselte. Bei Vollendung des Werkes im Jahr 1508, entstand ein Streit
über die Bezahlung, und auf den Vorschlag Giovanni Bellinfs wurden
mehrere Maler, darunter Carpaccio, zur Abschätzung der Fresken auf-
gefordert. Sie setzten den damals bedeutenden Preis von 150 Dukaten
fest, worauf dann Giorgione sich mit einer Summe von 130 Dukaten
befriedigt erklärte.
Während er noch an der Arbeit war, Wusste Tizian es dahin zu
bringen, dass die Fresken für die nach der Merceria gelegene Seite
des Kaufhauses ihm übertragen wurden. Obwohl dies die weniger
sichtbare und daher wenig günstige Seite des Gebäudes war, darf man
doch schwerlich mit Crowe und Cavalcaselle annehmen, dass er diesen
Auftrag als Schüler Giorgione's erhalten habe. So spärlich die Nach-
richten sind, so lassen sie doch recht. gut eine Rivalität der beiden
Meister erkennen, die hier in ihrem dreissigsten Jahre sicherlich beide
völlig selbständig auftraten. Zanetti, der noch genug von diesen jetzt
gänzlich untergegangenen Werken sah, rühmt bei Giorgione die glühende
und originale schöpferische Kraft, die Neuheit und Lebendigkeit der
Motive, die Meisterschaft in Abstufung und Vertheilung von Licht und
Schatten, an Tizian den grösseren, ruhigeren und weiseren Genius, der
das grosse Feuer Giorgione's in den tiefen Schatten und dem glühenden
Fleischton zu einem Stil von vollkommener Schönheit zu mildern ge-
wusst. Die salzige Feuchtigkeit der Luft Venedigs hat alle diese Werke,
sowie die übrigen Fresken Giorgione's zerstört. Dagegen schreibt