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Buch.
Kapitel.
und
Lombarden
Piemontesen.
wir in der Akademie zu Venedig unter Nr. 132 ein mit seinem Namen
„Bochazinusa bezeichnetes Bild der thronenden Madonna mit dem Kinde,
umgeben von der h. Rosa und Katharina und den knieenden h. Petrus
und Johannes dem Täufer. Es ist ein treffliches Bild von gediegener
Sorgfalt der Ausführung, welche sich bis auf die zierlichen Blumen
des Wiesengrundes erstreckt. In den milden Köpfen verräth sich der
Einliuss Francia's, ebenso in der lichten klaren Landschaft, die an
die Umbrier erinnert. Die Gewänder sind in grossen scharfgebrochenen
Falten angeordnet, die Farbe ist von tiefer Gluth und Kraft und ge-
mahnt wie auch der Kopf Johannes des 'l'äuters an venezianische Ein-
flüsse. Besonders prachtvoll wirkt das Goldbrokatgewand des Petrus,
das rothe Brokatkleid und der graue gelb gefütterte Mantel der Katha-
rina, das blaue Mieder, das weisse Damastkleid und der rothe Mantel
der heil. Rosa. Das grüne Gewand des Täufers mit dem rothen Kleide
und dem blauen Mantel der Madonna vollendet den prächtigen Zu-
sammenklang des Kolorits. Demselben Künstler darf man vielleicht
mit Crowe und Cavalcaselle das fälschlich dem Perugino zugeschriebene
Bild in derselben Galerie Nr. 265 zuschreiben, welches die Jahrzahl
1500 trägt. Es stellt die Fusswaschung dar und verräth einen Künstler,
der noch unfertig zwischen verschiedenen Einflüssen umherschwankt,
ohne bedeutende Eigenthümlichkeit, vielfach noch alterthümlich be-
fangen, in der Farbengebung am meisten an die Ferraresen erinnernd.
Man darf es demnach vielleicht als ein Jugendwerk Boccaccinds be-
trachten.' Ausserdem möge noch in San Quirico zu Cremona ein mit
dem Namen des Künstlers und dem Datum 1518 bezeichnetes Bild
der thronenden Madonna mit den h. Antonius und Vincenz hervor-
gehoben werden, an welchen man trotz der Uebermalung den Künstler
in der freien Entwicklung seines Stiles erkennt. Seiner früheren Zeit
gehört im Hospital ebendort ein büssender Hieronymus von tiefer
venezianischer Leuchtkraft, im bischöflichen Palast eine Kreuzigung,
ebenfalls aus seiner früheren Zeit mit ferraresischem Gepräge, endlich
in der Galerie zu Padua eine Madonna mit dem Christuskinde, das
einen Vogel hält, ein tüchtiges Bild, während ebendort die Halbügur
der Madonna mit zwei weiblichen Heiligen bei schöner Färbung gar zu
ausdruckslose Typen zeigt und zu glatt und leer in der Behandlung ist.
Als N ebenbuhler Boccaccinds lernen wir Altobello Melone kennen.
Auch er steht in seiner früheren Entwickelung unter dem Einfluss der
Ferraresen. Für den Dom zu Cremona wurde er seit 1517 in An-
spruch genommen, unter der ausdrücklichen Bedingung, dass diese