Boccaccino.
Boccaccio
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betraut wurde. Er begann wie es scheint in der Apsis mit der Dar-
stellung Christi zwischen den vier Schutzpatronen der Stadt S. Imerio,
Omobono, Marcellino und Petrus Martyr. Diese Gestalten sind feierlich
entworfen und grossartig angeordnet, streng gezeichnet und im Stil der
Ferraresen gemalt. Namentlich ist der thronende Erlöser eine an Bel-
lini's feierliche Gestalten erinnernde Erscheinung. Üeber dem Triumph-
bogen malte er sodann die Verkündigung im Jahr 1508, die indess
völlig übermalt ist. Darauf scheint eine Unterbrechung in der Arbeit
eingetreten zu sein, denn erst am 12. April 1514 wird dem Künstler
gegen ein Honorar von 1000 Pfund kaiserlicher Wahrung die Aus-
schmückung der Arkadenwände an der linken Seite des Mittelschiffs
übertragen. Die Anordnung bei diesen Werken ist derart, dass über
jedem Arkadenbogen zwei Bilder Platz finden. Hier malte er nun
seit 1515 die Darstellungen aus der Jugendgeschichte Christi und der
Madonna, welche mit der Erscheinung des Engels bei oachim und der
Begegnung Joachims mit Anna beginnen. Letzteres Bild namentlich
ist durch eine Anzahl interessanter Bildnisse unter den Zuschauern
bemerkenswerth.
Man
liest
hier
den
Namen
des
Künstlers
und
Jahreszahl 1515. Dann folgt mit derselben Bezeichnung die Geburt
Maria, die in der Anordnung und der anziehenden Lebendigkeit der
Schilderung an Andrea del Sarto gemahnt. In der Vermählung der
Madonna folgt der Künstler der herkömmlichen Auffassung, und giebt
ebenfalls ein liebenswürdig schlichtes Lebensbild. Es folgen sodann
die Verkündigung und die Heimsuchung, bei welcher die Anwendung
volksthümlicher Trachten zur Belebung des Vorganges beiträgt. Die
über der fünften Arkade sich anschliessenden Bilder sind von andern
Händen ausgeführt; dagegen beschloss Boccaccino 1518 die Darstel-
lungen dieser Seite mit der Schilderung "des zwölfjährigen Christus
unter den Schriftgelehrten; ohne Frage ist es das Meisterstück des
Künstlers, klar in der Composition, würdig in der Haltung, schlicht
und gediegen in der Ausführung, wobei er die alterthümliche Härte
der früheren Bilder glücklich zu vermeiden weiss. Wir dürfen daher
vielleicht annehmen, dass er in der Zwischenzeit in Rom gewesen
und dort eine freiere Auffassung gewonnen hat. Ohne Frage gehört
Boccaccino zu den Lichtern zweiten oder gar dritten Ranges, aber es
herrscht in seinen Arbeiten treuherziger Ernst und religiöse Empfin-
dung, die zugleich von einem Hauch der grossen Kunst seiner Zeit
berührt und geläutert ist.
Sehen wir uns nach andern Werken des Künstlers um, so finden