Ferrari.
Gaudenzio
Fresken
Mailand.
Saronno und
475
An diese Werke schliessen sich die Fresken in der Wallfahrts-
kirche bei Saronno vom Jahr 1535, wo Gaudenzio im Wetteifer mit
Luini die Kuppel mit einer Schaar musizirender Engel ausmalte, die
voll frischer Lebendigkeit und Heiterkeit und in köstlicher Freiheit des
Schwebens dargestellt sind. In solchen Schilderungen himmlischen J ubels
wird der Künstler kaum von einem Andern übertroffen. In Nlailand
besitzt die Brera im vorderen Korridor eine Reihe von Bildern zur
Geschichte der Madonna, welche aus S. Maria della Pace stammen.
Besonders schön empfunden ist die Verkündigung, von grosser Innig-
keit die Heimsuchung, anmuthig bewegt sind mehrere musizirende
Engel, Alles in klarer lichter Färbung mit grosser dekorativer Leichtig-
keit hingeschrieben. Bei den meisten Scenen herrscht die Vorliebe für
genrehafte Episoden, welche Gaudenzio zu einem der liebenswürdigsten
Erzähler machen und ihn wie z. B. bei der Darstellung der Maria im
Tempel als einen Vorläufer Paolo Veronesels erscheinen lassen. Eine
der anmuthigsten Scenen dieser Art ist die Anbetung der Könige, locker
componirt, aber von freier Natürlichkeit und lebendigen Genretiguren,
unter denen auch der unvermeidliche Zwerg nicht fehlt. Dasselbe gilt
von der Vertreibung Joachims aus dem Tempel, wo namentlich der
Knabe, der ein Hündchen tanzen lässt, auffallt. Auch die Darstellung
des Christkindes im Tempel wird unter seinen Händen eine heitere
Genrcscene, und nur in der gedrängten sehr bewegten Composition der
Himmelfahrt Maria strebt er ein höheres Pathos an.
Zu seinen trefflichsten Arbeiten gehören sodann die Fresken in
der ersten Kapelle rechts in S. Ambrogio, wo namentlich eine Kreuz-
abnahme durch die herrlich bewegte empfindungsvolle Gruppe um den
todten Christus ergreifend wirkt. Seitwärts sieht man je zwei Engel
mit jenem liebenswürdigen offenen Ausdruck, der durchweg seinen
Gestalten eigen ist. Auch diese Werke sind erstaunlich frei und leicht
hingeworfen. Noch in der letzten Arbeit, die wir von ihm kennen, den
Fresken in einer südlichen Seitenkapelle von S. Maria delle Grazie
aus dem Jahr 1542, zeigt sich der Künstler in unverminderter Kraft
und Frische. Es ist die iigurenreiche Darstellung einer Kreuzigung,
ein grosses Bild mit spitzbogigem Abschluss, eine gediegene Compo-
sition voll Leben und Ausdruck, obwohl die Nebenfiguren der Kriegs-
knechte und des Hauptmanns sich etwas zu stark geltend machen. Im
Wesentlichen sind es die Motive des Bildes zu Varallo, nur engen
zusammengedrängt, wodurch die Schächer stärker bewegt werden, wie
denn überhaupt Alles dramatischer aufgefasst ist. Würdevoll und edel