Ferrari.
Gaudenzio
Altartafeln.
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Madonna, welcher die h. Elisabeth das Christkind darreicht, auffallend
trüb in der Farbe. Weit geringer sind die dazu gehörigen Tafeln
Nr. 52, die Begegnung der Maria mit der Elisabeth, und Nr. 57, Joachim
aus dem Tempel vertrieben, "welche offenbar einer schwächeren Schüler-
hand anzurechnen sind, während die aus demselben Cyclus stammende
Tafel Nr. 53 mit dem segnenden Gottvater besser, aber ebenfalls sehr
trüb in der Farbe ist. Eine grossartige Gestalt sieht man dagegen unter
Nr. 49 in dem trefflich ausgeführten Bilde des h. Petrus, welcher einen
knieenden Stifter empfiehlt. Das schönste Werk in der Galerie ist jedoch
die grosse Pieta Nr. 54, eine edle Composition von leuchtender Kraft des
Kolorits, in stimmungsvoller Landschaft von tief ernstem Ton, ergreifend
im Ausdruck, treffliche Köpfe, bei denen wieder die herrlich gemalten
Bärte auffallen. Auch das neuerdings für die Galerie erworbene Bild
(Nr. 54 bis), eine Madonna mit dem Kinde und den H. Mauritius und
Uartinus, ist ein gediegenes Werk seiner mittleren Zeit, von kraftvoller
Färbung, die nur durch die zu schweren Schatten beeinträchtigt wird.
Auf der vollen Höhe seiner Kunst schuf Gaudenzio das grossartige
Altarbild in der Kirche zu Canobbio mit einer figurenreichen Dar-
stellung der Kreuztragung. Es ist eine gedrängte, doch fest aufgebaute
Composition, welche an die rafaelische erinnert. Christus ist seitwärts
nach rechts gewendet und blickt in sanfter Ergebung und schmerz-
lichem Antheil auf die Madonna, die ohnmächtig hingesunken ist, von
Johannes und den Frauen mit inniger Theilnahme aufgefangen und
beklagt. Gegenüber hat der Künstler sich's nicht versagen können, als
Begleiter des Zuges einen stattlichen weissen Rüden anzubringen, wäh-
rend in der Tiefe des Bildes, auf den Beschauer gerade zureitend, die
Anführer auf zwei Schimmeln und mehreren braunen Rossen sichtbar
werden. Diese Vorliebe für Darstellung, von Cavalcaden, die auch auf
Luini's Kreuzigung sich bemerklich macht, ist um so auffallender, da die
Pferde überaus steif und hölzern sind. Die Reiter zeigen sich als gut-
müthige wohlgenährte Männer, mit prachtvollen Bärten in der statt-
liehen Tracht deutscher oder schweizerischer Landsknechte. Man begreift,
dass solche kriegerische Erscheinungen damals die Phantasie eines lom-
bardischen Malers und seines Publikums stark beschäftigen mussten.
Auch an Kriegsknechten zu Fuss fehlt es nicht, bei denen der Künstler
an Armen und Beinen mit dem Spiel einer effektvollen Muskulatur
prunken konnte. Die Behandlung erinnert an Werke aus Rafaefs
mittlerer römischer Epoche. Doch sind die Typen nicht eigentlich
rafaelisch, sondern lombardisch, wie denn das sehr tief gestimmte, kraft-