Solario.
Andrea
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gemalt wie ein Venezianer. Auch die anziehende Madonna ebendort
Nr. 325 mit den Heiligen Joseph und Hieronymusund zwei Cherubim
in hübscher Landschaft (Fig. 104) deutet auf dieselbe Schule, obwohl
das Bild jetzt, namentlich durch das kalte Blau im Mantel der Maria
an Harmonie eingebüsst hat. Die ruhige Haltung der Madonna, der
stille Ausdruck ihres mütterlichen Kopfes, die markige Charakteristik
und ausserst gediegene Durchbildung in den Köpfen und Händen der
beiden Alten deuten auf die Schule Bellini's. Bezeichnet ist das Bild
mit der Jahreszahl 1495 und dem Namen des Künstlers Andreas Medio-
lanensis. Dieser energische Naturalismus milderte sich später durch
den Einiluss Lionardo's zu liebenswürdiger Weichheit und Milde. So
schon in Johannes dem Täufer und der h.,Katharina vom Jahre 1499
in der Casa Poldi, wo indess noch eine gewisse alterthümliche Herbig-
keit sich erkennen lässt. Ganz köstlich, mild -und fein bei klarer
warmer Färbung ist die holde Madonna im Louvre, Welche sich mit
zartlichem Ausdruck über das Christkind neigt, um ihm die Brust zu
geben. Der edlen Innigkeit der Empfindung entspricht die zarte Zeich-
nung und Modellirung besonders in den Händen der Madonna und dem
Körper des Kindes und der duftige Schmelz der Behandlung. Eigen-
thümlich lombardisch ist das Saftgrün des Kissens, auf welchem der
Kleine sitzt. Nur der etwas steife Faltenwurf, namentlich im Aermel
der Madonna verräth noch eine Spur alterthümlicher Strenge. Das
liebenswürdige Bild ist offenbar aus der mittleren Zeit des Künstlers
und tragt die Bezeichnung "Andreas de Solario fa". Ob das männ-
liche Porträt, welches ebendort ihm zugeschrieben wird, wirklich ihm
gehört, dürfte zweifelhaft sein; die eigenthümlich strenge Gluth des
Kolorits deutet allerdings auf einen Lombarden.
Seine weitere Entwicklung lässt sich an einem trefflichen Ecce-
homo der Galerie Poldi und noch mehr ebendort an der Ruhe auf der
Flucht nach Aegypten vom Jahre 1515 verfolgen. Es ist ein kleines,
köstliches Bild mit herrlicher Frühlingslandschaft, in-Formen und Aus-
druck an Lionardo erinnernd. Nicht minder edel in der Galerie zu
Brescia ein kreuztragender Christus, der von einem Mönch verehrt
wird; ferner in der Galerie zu Bergamo ein Christus mit der Dornen-
krone, innig und tief empfunden. Bei anderen Darstellungen des leiden-
den Christus, wie in der Galerie Borghese zu Rom, hat der Künstler
sich in's Üebertriebene verirrt. Eins seiner letzten Werke ist das
grosse, angeblich von Giulio Campi vollendete Altarbild. der Certosa
zu Pavia, welches die Himmelfahrt der Madonna darstellt. Sie steht
Lübke, Italien. Malerei. II. 29