444
Buch.
Kapitel.
Lombarden
und
Piemontesen.
Leere, die in der römischen Schule so schnell auftaucht, fern hielt.
Vor Allem aber War die Ausbildung des Kolorits, die Lionardo in seinen
duftig wierschmolzenen Bildern angestrebt hatte, mustergiltig für die
ganze Schule, und ihre Tafelbilder namentlich haben einen Farbenreiz,
der an tiefer Glut freilich von den Venezianern übertroffen wird, an
Zartheit aber dem Correggio sich nähert. Was endlich das Fresko
betrifft, so steht die Schule darin auf eigenen Füssen, da Lienardo
bekanntlich selbst bei Wandgemälden auf das Bindemittel des Oels
nicht verzichten wollte; aber der warme klare Farbenton und die Hüs-
sige Behandlung lassen doch den Einfluss seiner koloristisehen Grund-
sätze auch hier erkennen.
Von den unmittelbaren Schülern Li0nard0's ist zunächst Andrea
Salai oder Salaino zu nennen, von dessen innigen Beziehungen zum
Meister schon die Rede war. Ihm fehlt die selbständige Kraft der
Erfindung und er schliesst sich daher auf's Engste seinem Meister an,
dessen Compositionen er ausführt oder wiederholt. Bezeichnend für
seine Bilder ist eine etwas kühlere röthliche Farbenstimmung. Eine
Madonna mit dem Kinde und dem h. Petrus und Paulus in der Brera,
Nr. 446, zeigt eine freie Composition auf landsehaftlichem Grunde,
saftig in der Farbe, mit scharfen einfallenden Lichtern, die Köpfe von
anmuthigem lionardesken Ausdruck. Auch in der Ambrosiana sieht
man Bilder von ihm, so namentlich einen Johannes, der auffallend
braun im Kolorit ist. Eine hübsche Madonna mit dem Kinde besitzt
die Villa Albani zu Rom. Im Üebrigen gehört der Künstler zu den
unbedeutenderen Nachfolgern Lionardds, wie man auch an seiner Kopie
der h. Anna in den Uffizien sieht. Er scheint früh gestorben zu
sein, denn nach 1515 wird er nicht mehr erwähnt.
Von Fwmcesco Melzi, einem jungen Manne aus vornehmer Fa-
milie, welcher mit inniger Liebe an Lionardo hing und mit Salaino
bei des Meisters Tode zugegen war, ist wenig von sicheren Werken
nachzuweisen. Das ihm zugeschriebene Bruchstück einer grossartigen
Madonna in der Villa Melzi zu Vaprio wird von angesehenen Kens
nern dem Lionardo beigelegt. Ein bedeutendes Werk, das man ihm
ebenfalls zutheilt, ist das grosse Bild mit Vertumnus und Pomona in
der Galerie zu Berlin. Unter einer von Reben umschlungonen Ulme
sitzt in üppiger Landschaft Pomona, mit beiden Händen ein Frucht-
körbchen haltend und lauscht den Worten des Vertumnus, welcher in
eine alte Frau verwandelt vor ihr steht und von den Reizen der Liebe
erzählt,
indem
das
Gleichniss
der
die
Ulme
umschlingenden
Rebe