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Buch.
Kapitel.
Correggio.
In dieselbe Zeit gehört endlich die Madonna mit dem h. Georg
in der Galerie zu Dresden, die von der Bruderschaft S. Pietro Martire
für die Kirche dieses Heiligen in Modena bestellt wurde. Hier ist die
Maria hoch auf einem Throne sitzend mit dem Christuskinde dargestellt.
Ein reicher Bogen fasst das Bild ein und giebt demselben eine mehr
architektonische Anordnung. Zu Füssen des Thrones sieht man links
die glänzende Jünglingsgestalt des h. Georg, elegant den einen Fuss
auf den Kopf des Drachen setzend und mit süssem Aufblick nach der
Madonna schauend, die huldvoll lächelnd seinen Blick erwiedert. Gegen-
über Johannes der Täufer, dessen nackte Formen nur zum Schein von
einem Felle verhüllt sind. Neben diesen beiden stehen Petrus Martyr
und der h. Geminian, der das Modell der Kirche, nach welchem das
Christkind seine Händchen ausstreckt, einem Engel von den Schultern
nimmt. Vier andere Engelknaben treiben fröhlichen Muthwillen mit den
Waffen des ritterlichen Heiligen. Endlich brachte der Künstler auch
am Postament des Thrones und in den Zwickeln des Bogens steinfarbige
Genien an, die mit der übrigen reichen Dekoration sich verbinden.
So weicht dieses Werk in seiner strengeren architektonischen Compo-
sition wesentlich von den andern Altarbildern des Meisters ab; aber in
dem Hervorheben eines mehr sinnlichen Liebreizes bleibt er sich auch
hier gleich, und die Gestalten des h. Georg und Johannes des Täufers
in dem üppigen Schmelz des verführerisch gemalten Fleisches sind nicht
frei von koketter Selbstgefälligkeit. Das Bild hat übrigens durch Ver-
putzen gelitten und macht daher eine bunte Wirkung. In derselben
Galerie ist sodann noch das berühmte kleine Bild der h. Magdalena
von jeher als ein Wunderwerk des Künstlers betrachtet worden. Dies
wonnige Weib ist freilich keine abgehärmte Büsserin, sondern eins der
süssesten Geschöpfe der Phantasie des Künstlers, zu poetischer Träu-
merei in zauberischer Waldeinsamkeit auf schwellendem Rasen gebettet.
Sie stützt mit der Hand den holden Kopf, von welchem eine Fluth
blonder Locken sich in reizender Auflösung ergiesst, während sie in
stiller Sammlung in einem Buche liest. Aus dem dunkelblauen Ge-
wa.nde quillt fessellos der zarteste Busen hervor, dessen reines Weiss
mit den feinen Tönen dämmrigen Helldunkels herausleuchtet. Die
Poesie der Schilderung, der köstliche Zauber innigen Naturgefühls
verklärt dies anmuthige Bild. Neuerdings wollen kritische Stimmen
dasselbe dem Meister absprechen, hauptsächlich weil es auf Kupfer
gemalt ist, was freilich erst im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts
häufiger vorkommt.