Madonna
Hieronymus.
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poesievollsten Scenen, von wunderbarem Naturzauber, mitten im Walde
das süsseste Familienglück, umspielt vom holden halbgebroehenen Schein
des Tages, verklärt durch die köstlichen Spiele himmlischer Genien,
trotz des Verlustes der feineren Lasuren eine der reinsten Schöpfungen
des Künstlers. Noch höher vielleicht steht in derselben Galerie die
Madonna des h. Hieronymus, die wegen der unvergleichlich strahlenden
YVirkung unter der Bezeichnung „der Tag" weltberühmt ist. Das Bild
wurde 1523 von Donna Briseide Colla, der Wittwe des Orazio Bergonzi,
um den Preis von 400 Lire bestellt und erhielt seinen Platz in der
Kirche St. Antonio zu Parma, WO dasselbe 1528 aufgestellt wurde.
Man hat die Summe, welche der Meister dafür empfing, auf etwa das
Doppelte von dem Preis berechnet, welchen er für die Nacht erhielt.
Die Stifterin scheint aber so zufrieden mit seiner Leistung gewesen zu
sein, dass sie ihm noch ein Geschenk bewilligte und zwar nach seinem
Wunsche zwei Wagen Reisbündel, einige Scheffel Getreide und ein
Schwein, Dinge, die bei dem Maler auf einen guten hausväterlichen
Sinn deuten. Auch hier stellte Correggio die Madonna in schöner
Landschaft ruhend dar. Ein zeltartig ausgespanntes rothes Tuch wirft
zarte warme Halbschatten über die liebliche Gruppe. Rechts kniet
Magdalena, die sich mit dem schönen Haupt verneigt, um das Füsschen
des Kindes zu küssen, Während der Kleine mit seinen Händchen in
ihren Locken spielt. Gegenüber steht der h. Hieronymus, eine kraft-
volle Mannesgestalt, deren nackte Formen der Künstler nur zum Theil
durch ein schurzartiges Lendentuch verhüllt hat. In der Hand hält er
ein Buch, welches ein neben ihm erscheinender Engel ihm halten hilft.
S0 anspruchslos diese Composition ist, so wunderbar ergreift die Wir-
kung der Malerei, deren prächtige Farben durch das zarteste Helldunkel
verklärt und zu einem milden Leuchten zusammengestimmt sind. Vom
köstlichsten Reiz ist namentlich die süsse Anmuth der Magdalena,
dagegen gehört der Hieronymus in die Reihe jener koketten Gestalten,
die vorzugsweise Correggio eigen sind. Seinen männlichen Heiligen
fehlt durchweg jener tiefere geistige Gehalt, der allein sie zu adeln
und vor der Flachheit banaler Anmuth zu bewahren vermöchte. Be-
zeichnend ist, dass er gerade in solchen Figuren die nackten Formen
hervorzuheben liebte; musste in der Madonna della Seodella der ehr-
same Nahrvater wenigstens die nackten Beine zeigen, so lässt er den
Hieronymus noch absichtlicher mit seinen unverhüllten Formen prahlen,
freilich durch das künstlerische Bedürfniss der höchsten malerischen
Wirkung getrieben.