Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Altartafeln. 
Spätere 
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scheinlich im Auftrage des dem Benediktinerorden angehörigen Don 
Placido del Bono für eine Kapelle jener Kirche ausgeführt. Das eine 
stellt die Kreuzabnahme oder vielmehr die Trauer um den vom Kreuze 
herabgenommenen Leichnam Christi dar. Malerisch von hoher Voll- 
endung, voll Schmelz und Kraft des Kolorits, erhält das Bild durch 
den gar zu weichlichen Ausdruck des Schmerzes jenen Zug in's leiden- 
schaftlich Pathetische, der in der spätern Zeit bei solchen Darstellungen 
noch uneingeschränkter zur Geltung kommen sollte. Das zweite dieser 
Bilder, welches den Martertod der h. Placidus und Flavia schildert, 
ist an malerischer Vollendung dem ersteren vielleicht noch überlegen, 
denn auch hier findet sich jene glänzende Kraft der Farbentöne, die 
durch vollendetes Helldunkel zu zarter Harmonie verschmolzen wird. 
Aber in der rafiinirten Kontrastirung einer rohen Henkerhandlung mit 
einer fast wollüstigen Verzückung des Ausdrucks ist ein Element, welches 
dieser Darstellung ein unerfreuliches Gepräge giebt. Die später bei 
den Jesuiten so beliebten christlichen Henkerscenen finden in derartigen 
Werken ihren Ausgangspunkt. 
Üngleich erfreulicher bewegt sich der Meister in solchen Schöpfun- 
gen, welche die Verherrlichung der Madonna und die idyllischen Scenen 
ihres Lebens zum Gegenstand haben. Dahin gehört vor Allem das 
köstliche Bild der Galerie zu Dresden, Welches die Geburt Christi 
darstellt und unter dem Namen der „Nacht" Weltbekannt ist. Bestellt 
wurde dasselbe am 10. Oktober 1522 um den Preis von 208 Lire von 
Alberto Pratonero für dessen Familienkapelle in der Kirche S. Pro- 
spero zu Reggio. Doch wurde das Bild erst 1530 vollendet und in 
jener Kapelle aufgestellt, gelangte später in die Galerie von Modena 
und von dort im vorigen Jahrhundert an seinen jetzigen Ort. Es stellt 
nach alter Ueberlieferung dar, wie das Heil der Welt in einem Stalle 
geboren und von der Mutter sowie den herangeeilten Hirten verehrt 
wird. Aber wenn die frühere Kunst diesen Gegenstand meistens so 
auffasste, dass das Kind am Boden liegt und von der andächtig nieder- 
geknieten Mutter und den Hirten angebetet wird, so hat Correggio dies 
kirchliche Motiv in's rein Menschliche umgewandelt. Wir sehen nur 
eine irdische Mutter, die mit dem innigsten Entzücken sich über das 
Neugeborene beugt, das vor ihr in der Krippe liegt, und das sie liebe- 
voll mit beiden Armen umschliesst, um es an ihrer Brust zu erwärmen. 
Einen süsseren Ausdruck von Mutterliebe hat die Kunst niemals, selbst 
Rafael nicht, geschaffen. Aber auch die Hirten denken nicht an An- 
betung, erkennen hier nichts Uebernatürliches, sondern sind nur erfüllt
	        
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