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Buch.
Kapitel.
Correggio.
treten Correggids; im Bunde mit dem ihm so tief entgegengesetzten
Michelangelo wurde er der Ausgangspunkt für die Excesse der Barok-
malerei, Michelangelo durch die leidenschaftliche Steigerung titanischer
Kraftnaturen, Correggio durch die höchste Erregbarkeit, die nervöse
sinnliche Empfindsamkeit seiner Gestalten. Zugleich freilich durch jenes
grosse künstlerische Mittel des Helldunkels, welches im letzten Grunde
seinen Schöpfungen ihre Lebensfähigkeit verleiht; denn bei ihm ist
Alles wie in Licht gebadet, das Stoifliche der Farben erscheint wie
von diesem Aether aufgelöst undverklärt, die Schatten selbst sind durch-
leuchtet von wonnigen Lichtreflexen, und eben durch dies künstlerische
Mittel erhält seine Darstellungsweise, die scheinbar ganz realistisch ist,
ihr ästhetisches Bürgerrecht.
In die Zeit kurz vor der Ausführung dieses grossen Werkes fallt
wahrscheinlich eine ehemals hochgepriesene Freske der Verkündigung
in der Vorhalle der Annunziata, leider ebenfalls in elendem Zustande;
sodann eine kolossale Madonna mit dem Kinde, ehemals wahrscheinlich
über der Porta Romana, später in die Akademie übertragen.
Neben diesen umfangreichen monumentalen Arbeiten entstand eine
Reihe von Tafelbildern, die ebenfalls kirchlicher Bestimmung waren
und den Meister auch auf diesem Gebiete in voller Entfaltung seiner
Eigenthümlichkeit zeigen. Zu den frühesten dieser Werke gehört das
kleine Bild eines Eccehomo, welches sich in der Nationalgalerie zu Lon-
don befindet, jedoch nicht in eigenhändiger Ausführung, sondern in
einer allerdings sehr guten alten Kopie, die freilich in der Farbe die
Feinheit des Meisters nicht durchweg erreicht, und nur in der von
Licht verklärten Gestalt Christi die köstliche Wirkung eines Originales
erreicht. Im Üebrigen ist es bezeichnend für Correggids Auffassung,
dass Christus mehr empfindsam als würdevoll und dass die ohnmächtig
zusammenbrechende Madonna etwas sinnlich Schmachtendes und Geziertes
hat. An solche Christusdarstellungen knüpft später Carlo Dolci mit
seinen sentimentalen Schöpfungen an. Ungleich höher steht das kleine
Bild des im Garten von Gethsemane betenden Erlösers, beim Herzog
von Wellington in Apsleyhouse zu London. Es ist vielleicht das
Tiefste und Empfundenste unter Allem was Correggio je gemalt hat,
von ergreifender Wahrheit und Innigkeit des Ausdrucks, dabei von
höchster malerischer Vollendung und von jener Poesie der Lichtwirkung,
wie sie nur Correggio eigen ist. Weiter gehören hieher die beiden jetzt
in der Galerie zu P arma aufgestellten Altarbilder, welche mit den
Arbeiten von S. Giovanni zusammenhängen. Sie wurden nämlich wahr-