Fresken
Dom
Parmz
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unverantwortliche Verwahrlosung, der Zustand des Werkes noch be-
klagenswerther als in S. Giovanni. Correggio stellte hier die Himmel-
fahrt der Madonna dar und zwar indem er, ähnlich jenem früheren
Werke, den Kuppelraum zur unermesslichen Weite des Himmelsgewölbes
ausdehnte. In der Höhe in kühnster Verkürzung, von jubelnden Chören
der Heiligen und Engeln umringt, sieht man die Madonna wie im
Rausch des Entzückens auf Wolken emporschweben, während aus der
strahlenden Himmelsferne der Erzengel Gabriel als Abgesandter Gottes
sich köpflings ihr entgegenstürzt, um sie zu empfangen. Ein berau-
schender Ton von Jubel und Lust erfüllt die ganze Darstellung und
erfasst selbst die Apostel, die am untern Rande der Kuppel als Zeugen der
himmlischen Vision gruppirt sind und dem Vorgange mit dem Ausdruck
des Entzückens folgen. Auch hier fehlt es nicht an himmlischen Genien,
die den obern Abschluss der Balustrade schmücken, Weihrauchgefässe
schwingend, Kandelaber haltend und Wohlgerüche ausgiessend. Die vier
Zwickel, welche die Kuppel tragen, enthalten die Schutzpatrone der Stadt,
Johannes den Täufer, Thomas, Bernhard und Hilarius, ebenfalls auf
Wolken schwebend und von reizenden Himmelsknaben umspielt.
Anordnung und Absicht sind in diesem ungeheuren Werke die-
selben wie in dem von S. Giovanni; nur dass der Künstler noch rück-
haltloser auf Illusion ausgeht, noch kühner die Verkürzungen walten
lässt, noch entschiedener mit der Tradition kirchlicher Anordnung und
Auffassung bricht. Die Perspektive ist hier so gehandhabt, dass die Ge-
stalten völlig im Blick von unten nach oben naturgemäss dargestellt sind,
wobei freilich die edleren Partieen der Gestalt auf Kosten der unteren
bedeutend zurücktreten und die stark verkürzten Köpfe sich fast un-
mittelbar mit den Knieen zu berühren scheinen. Dass dadurch die
Würde eines solchen Gegenstandes empfindlich beeinträchtigt wird, liegt
auf der Hand, und der Künstler hat schon früh den Vorwurf ertragen
müssen, er habe ein Froschragout gemalt. Andererseits aber war der
Erfolg dieser kühnen Darstellungsweise des „Sotto in su" bei den Zeit-
genossen und noch mehr bei den nachfolgenden Generationen ein so
siegreicher, dass die ganze Gewölb- und Plafondmalerei der folgenden
Jahrhunderte von Correggio ihren Ausgang nahm, in ihm ihr höchstes
Vorbild verehrte, Namentlich fand die kirchliche Kunst in der Strö-
mung der Gegenreformation, begünstigt durch die Jesuiten, die sich
immer trefflich auf das Wirksame und Packende verstanden, eine so
ausschweifende Anwendung, dass freilich alle kirchliche Würde im wilden
Naturalismus unterging. Und dies ist das Verhängnissvolle im Auf-