Musikalische
Stimmung.
nicht aber das ganze Volk zu fesseln. Die Musik aber, die im geistigen-
Leben Italiens damals schon eine bedeutende Rolle spielte, war noch
auf jenen Vorstufen des Suchens und Ringens, welche den vollen Aus-
drugk der Empfindung vermissen lassen. Immerhin ist es jedoch
bezeichnend, dass die Italiener, im Gegensatze zu dem kunstreichen
contrapunktischen Bau niederländischer Polyphonie, in ihrer nationalen
Musik eine Richtung auf das Einfache, Durchsichtige festhalten, welche
namentlich in den mit Vorliebe kultivirten weltlichen Gesängen der
Frottole (eigentlich „Gassenhauer") sich erkennen lasst. Schon in
diesen schlichten compoSitiollßfl bemerkt man jenes Streben nach dem
massvoll Schönen, das den vorherrschenden Charakterzug in allem
italienischen Schaffen bildet. Indem diese Musikstücke den Versuch
machen, aus dem complicirten polyphonen Satze zur Einfachheit einer
sangbaren Melodie, mit deklamatorischem Hervorheben des Rhythmus,
zu gelangen, spricht sich darin das Hindrängen zur Homophonie aus,
die dann nachmals bei der Entwicklung der Oper von durchschlagen-
der Bedeutung werden sollte. Auch darin begegnet uns wieder der
Zug des Italieners zum Individualismus, denn im Einzelgesang erst
vermag sich die Persönlichkeit im vollen Glanze ihrer Ausbildung
zur Geltung zu bringen. Diese Stufe der Entwicklung setzt dann
freilich eine hohe Ausbildung der Instrumentalmusik, die dem Gesang
als Begleiterin zu dienen hat, voraus. Und in der That ist schon
damals der Reichthum des italienischen Orchesters nicht unerheblich;
schon in den musizirenden Einzelchören, Welche seit Gi0tto's Zeiten
auf den Gemälden die Darstellung der himmlischen Seligkeit begleiten,
lässt sich eine gewisse Mannichfaltigkeit der Instrumentation erkennen.
Bei der Verehrung der Madonna vollends bleibt nie die Musik zurück;
die Venezianer, Giovanni Bellini vor Allen, lassen musizirende Engel
an den Stufen des Thrones mindestens zur Laute und Viola ihre
Gesänge anstimmen; die mannichfachsten Instrumente theilen Luca
della Robbia und Donatello ihren musizirenden Kindergruppen zu. Schon
lassen sich Virtuosen auf einzelnen Instrumenten nachweisen, wie jener
Giovan Maria, den Leo X. mit dem Grafentitel und einer kleinen
Stadt belohnte, und den wir vielleicht in dem berühmten Violinspieler
RafaePs zu erkennen haben. Ebenso am römischen Hofe zu derselben
Zeit der gefeierte Geiger Jacopo Sansecondo, welchen man in RafaePs
Apoll auf dem Parnass vermuthet. Berühmte Künstler wie Leo
Battista Alberti und Lionardo zeichneten sich auch als Musiker aus
und verschmithten nicht, wie man namentlich von letzterem weiss, sich