Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
III. 
Kapitel. 
Correggio. 
Aufbau fest, welcher für solche Aufgaben herkömmlich war; aber 
Correggio verbindet damit doch eine lebensvolle Freiheit der Bewegung, 
in welcher sich seine spätere Entwickelung bereits ankündigt. Die 
Madonna sitzt in einer luftigen ionischen Säulenhalle auf reichem Re- 
naissancethron. Während sie das lebhaft bewegte Kind auf dem Schoosse 
hält, neigt sie sich huldvoll mit vorgestreckter Rechten gegen Franzis- 
kus, der mit dem Ausdruck inniger Ergebenheit, ja zarter Liebes- 
betheuerung zur Rechten am Throne niederkniet. Ihm gegenüber auf 
der andern Seite steht in ausschreitender Bewegung Johannes d. T., 
der sich lebhaft gegen den Beschauer wendet, und mit der Hand auf 
das Christuskind hinweist. Neben ihm, etwas zurück, sieht man die 
hold jungfräuliche Katharina, mit sehnsuchtsvollem Aufblick des schönen 
Kopfes; neben Franziskus den h. Antonius von Padua in der Mönchs- 
kutte, mit dem Blick auf den Beschauer gewendet. In der lebensvollen 
rhythmischen Bewegtheit sämmtlicher Gestalten löst sich die architek- 
tonische Gebundenheit der Anordnung zu edler Freiheit auf. Die Ma- 
donna erinnert im Typus des Kopfes gleich dem Kinde an die Gestalten 
Costa's, die Heiligen aber mit dem schwärmerischen Aufblick oder dem 
stillen Versunkensein gemahnen an Francia, und in der lebhaft erregten 
Geberde des Täufers kündigt sich schon die spätere Richtung Correggids 
an. Nicht minder bezeichnend ist die freie Lebendigkeit, mit welcher 
auch die schwebenden Engel das symmetrische Gesetz umspielen. End- 
lich sind die beiden Engelknaben, welche den Thron stützen und ein 
Medaillen mit der Darstellung des Moses auf Sinai halten „ in ihrer 
naiven Anmuth achte Geisteskinder Gorreggids. An der Stufe des 
Thrones hat der Künstler in Reliefs die Schöpfung Adams, den Sünden- 
fall und die Vertreibung aus dem Paradiese als Ausgangspunkt für das 
Erlösungswerk Christi dargestellt. Das ganze Werk verräth in der 
Sorgfalt der Durchbildung, der Bestimmtheit der Zeichnung, den Ver- 
kürzungen und dem noch etwas scharfen Stil der Gewänder den Ein- 
fluss Mantegna's, während der tiefe Farbenton, die Anwendung des 
Helldunkels und die kraftvolle, doch feine Verschmelzung des Kolorits 
an die Ferraresen und Lionardo erinnert. Man sieht mit frühreifer 
Selbständigkeit eine geniale Künstlernatur die verschiedenen Einflüsse 
ihrer Umgebung mit tiefem Verständniss in sich aufnehmen, um daraus 
einen neuen Stil, eine ihrem innersten Wesen zusagende Ausdrucks- 
weise zu bilden. 
Diesen Entwickelungsprozess können wir nun in den folgenden 
Arbeiten des Künstlers in stetigem Fortschritt beobachten. So zu-
	        
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