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Buch.
Kapitel.
Gorreggio.
damals eine hervorragende Stellung im Kunstleben Oberitaliens ein-
nahm und durch die Schöpfungen und die Schüler des kurz vorher
gestorbenen Mantegna weithin berühmt war. Dass Oorreggio in der
That die Werke jenes grossen Meisters studirt hat, dass besonders die
Schöpfungen desselben im Kastell zu Mantua mit ihren kühnen Ver-
kürzungen und der meisterhaften Behandlung der Perspektive ihm be-
kannt gewesen sind, ergiebt sich unwiderleglich aus den Werken Cor-
reggids. Aber noch ein anderer bedeutender Meister Oberitaliens hat
nachhaltigen Einfluss auf den jungen Künstler gewonnen: sowohl im
Ausdruck der Gestalten wie im Schmelz malerischer Behandlung und
der Durchbildung des Helldunkels verdankt er die erste Anregung
keinem Andern als Lionardo. Die Wanderjahre gehörten nach dem
Abschluss der Lehrzeit schon damals so sehr zur Ausbildung eines
Künstlers, dass man einen Besuch Mailands von Seiten des jungen Cor-
reggio wenigstens nicht als unwahrscheinlich bezeichnen darf. Vor
allem aber erfuhr er den stärksten bestimmenden Einfluss durch die
Ferraresen, namentlich Lorenzo Oostaäi). Dies erkennt man schon an
einer Madonna mit Magdalena und Lucia in der Brera, die den
Namen des Künstlers "Antonius Laetus faciebat" trägt. Mit "Laetus"
hat man nach der Sitte jener Zeit den Namen "Allegri" in's Lateinische
übertragen. Das Bild ist unverkennbar in der Farbe ferraresiseh, der
Kopf der Madonna hat eine an Lionardo anklingende Form. Ist die
Originalität des interessanten Werkes nicht unverdächtig, so darf es
doch wohl als eine alte Kopie nach einem verloren gegangenen frühern
Werke Correggids angesehen werden. Ebenso beündet sich in der
Ambrosiana eine h. Familie unter der Bezeichnung "Schule von
Parma", welche ein so gewiegter Kenner wie Frizzoni mit Recht als
Jugendarbeit des Künstlers betrachtet. Ein anderer tretflicher Forscher
weist auf die kleine-dem Tizian zugeschriebene Madonna in den U ffi-
zien Nr. 1002 hin, welche neben ferraresischem Gepräge unleugbar
den Einfluss venezianischer Farbengebung verrath und sich ebenfalls
mit Wahrscheinlichkeit als frühe Arbeit Correggids bezeichnen lässt.
In der That treten in diesen Werken, wenngleich noch unent-
wickelt und befangen, die Elemente seines Jugendstiles hervor, welche
sodann in der ersten sicheren Schöpfung seiner Hand uns in noch
ausgeprägterer Weise wieder begegnen. Dies ist die grosse, jetzt in
i") Feine kritische Bemerkungen über Correggids
molieff" in Lützow's Zeitschrift a. a. O.
Stilentwicklung
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