Correggids Jugend.
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den frühen Tod des Meisters herbeigeführt habe. Ein anderes Mal
lässt man ihn ein Wirthshailsschild malen, um damit in seiner Armuth
die Zeche zu bezahlen.
Das ganze Gewebe dieser armseligen Legenden zerfällt in Nichts
durch die urkundliche Feststellung; dass Correggids Vater fortwährend
in guten Vermögens-Verhältnissen gelebt, und dass der früh zu Ansehen,
zu lohnenden Aufträgen und zu einer wohlhabenden Frau gekommene
Künstler ebenfalls in günstiger äusserer Lage sich befunden hat.
Wichtiger Wäre es für uns, wenn zu diesen urkundlichen Aufklärungen
über seine Vermögenslage einige Nachrichten über seinen künstlerischen
Entwicklungsgang sich gesellten. Aber nichts Zuverlässiges ist uns
in dieser Hinsicht überliefert, ausser der Angabe, dass er bei einem
Oheim Lorenzo, ivon dem wir übrigens keine Werke kennen, den
ersten Unterricht in der Kunst erhalten, dann aber wohl zeitig in dem
benachbarten Modena bei Francesco Bianchi seine Studien fortgesetzt
habe. Dieser Künstler ist uns durch ein Bild in der Galerie zu Mo-
dena (I, 454) sowie durch eine thronende Madonna. im Louvre als ein
Nachfolger Francia's bekannt, der nicht gerade bedeutend, aber doch
anmiithig und besonders durch feinen, klaren Farbenton sich dem liebens-
würdigen Bologneser Meister verwandt zeigt. So mag also auf den
jugendlichen Correggio, der beim Tode seines Meisters 1510 sechzehn-
jährig war, die weiche Empfindsamkeit und zugleich der milde har-
monische Farbensinn jener Schule übergegangen sein. Was im Üebrigen
seine allgemeine Bildung betrifft, so hat der in guten bürgerlichen Ver-
hältnissen lebende Vater ohne Zweifel ihm diejenige Erziehung geben
lassen, die damals in solchen Kreisen selbstverständlich war; auch
fehlte es an dem kleinen Hofe seines Geburtsortes ebensowenig wie
in Modena und Parma an Männern von höherer Bildung und Gelehr-
samkeit, durch deren Umgang dem Künstler Anschauungen der klas-
sischen Welt zu Theil werden konnten. Gleichwohl fehlt es uns an
allen genaueren Ueberlieferungen, und ebenso haben wir keine Nach-
richten von seinen weiteren künstlerischen Studien. Wir wissen nur,
dass er im Jahr 1511 sich wieder in seiner Vaterstadt befand, wohin
er wahrscheinlich nach dem Tode seines Meisters zurückgekehrt war.
Da aber in demselben Jahre die Pest in Correggio ausbrach, welche
viele Einwohner, sowie den Gebieter des Landes zur Auswanderung
nach Mantua bewog, so scheint auch der junge Künstler sich dort hin-
gewendet zu haben. Wahrscheinlich aber bedurfte es nicht einmal
einer solchen Veranlassung, um ihn nach einem Orte zu führen, der
Lübke, Italien. Malerei. II. 27