Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Arbeiten. 
Sodomafs römische 
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missgünstig beurtheilt, hat gewiss nicht ganz Unrecht, wenn er ihm 
vorwirft, durch Possen und Allotria aller Art die Zeit vertrödelt und 
die Arbeit vernachlässigt zu haben. Sodoma war eine sorglos aus- 
gelassene Natur, der es Vergnügen machte, im tollen Üebermuth die 
ehrbaren Leute zu ärgern, ja sich weit schlimmer zu geben, als er in 
Wirklichkeit war. Schon in Monte Oliveto hatten ihn die Mönche 
wegen seiner tollen Streiche und Possen "Mattaccio" (Erznarren) ge- 
nannt und er hatte dort nicht wenig Anstoss erregt durch eine Dar- 
stellung der Verfuhrungsscene, welche den klösterlichen Sitten selbst 
in den lebenslustigen Zeiten der Renaissance zu stark Hohn sprach. 
Nach Vasari hatte er sogar sich seinen widerwärtigen Beinamen selbst 
beigelegt, als er einst in Florenz mit einem seiner Rennpferde gesiegt 
hatte und die Strassenjungen ihn nach seinem Namen fragten, um den- 
selben durch die Gassen auszurufen. Die Liebhaberei für Pferde, deren 
er acht in seinem Stalle hielt, für Hunde, Affen, Katzen, für gezähmte 
Raubvogel und viele andere Thiere war so gross, dass sein Haus nach 
Vasarfs Ausdruck einer Arche Noah glich. Dazu hielt er eine Eule, 
„um Hexen gruseln zu machen", wie er selbst scherzhaft in einem 
offiziellen Aktenstück angiebt, und einen Raben, den er sprechen gelehrt 
hatte und der die Stimme seines Herrn täuschend nachahmte. Dass 
solche Spielereien ihm nicht bloss viel Zeit raubten, sondern auch einem 
ernsten Versenken in seine künstlerischen Aufgaben schadeten, liegt 
auf der Hand. Hätte er in Rom damals seine ganze Kraft eingesetzt, 
so wäre ohne Zweifel der grösste Wirkungskreis ihm beschieden ge- 
wesen. Was Rafael hoch über Sodoma stellt, ist nicht bloss die künst- 
lerische, sondern mehr noch die sittliche Ueberlegenheit. Wie ungleich 
Sodoma war und wie edel er in einzelnen Fällen sein konnte, zeigt die 
Pieta im ersten Saal des Palazzo Borghese, wahrscheinlich ein Werk 
jener Zeit, welches Frizzoni gewiss mit Recht ihm zutheilt. Sollte die 
ebendort befindliche Leda, wie neuerdings ausgesprochen wurde, eben- 
falls Sodoma's Werk sein, so müsste man sie in eine frühere Epoche 
rücken, denn der Kopf der aufrechtstehenden nackten Gestalt hat 
die Formen und das siisse Lächeln Lionardo's, der Körper aber ist 
schwerfallig behandelt und ausserdem durch das röthliche Fleisch und 
schwarze undurchsichtige Schatten nichts weniger als anziehend. Mächtig 
imponirt der riesige Schwan neben ihr, während in den beiden spie- 
lenden Kindern der Künstler die Liebenswürdigkeit seines heiteren 
Naturells zu erkennen giebt.  
Im Jahre 1510 finden wir Sodoma wieder in Siena, wo er sich 
Lübke, Italien. Illalerei. II. 26
	        
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