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III.
Buch.
Kapitel.
Die
SiBIIESOII.
Ablauf seiner Lehrzeit 1498 wahrscheinlich dorthin. In der Persön-
lichkeit und den grossartigen Schöpfungen Li0nardo's ging ihm ein
neues Licht auf, aber schon im folgenden Jahre wurde durch den Ein-
fall der Franzosen das Kunstleben Mailands für längere Zeit zerrüttet.
Es war ein Glück für den jungen Künstler, dass er in jenen Tagen
dort mit Vertretern des Handelshauses Spannochi bekannt wurde, die
von seiner angenehmen Erscheinung und seinem geistreich ausgelassenen
Wesen so eingenommen wurden, dass sie ihn nach Siena einluden. Er
folgte diesem Rufe und trat mit dem Jahre 1500 in den neuen Schau-
platz seines Wirkens ein. Sein bewegliches Talent, die lebendige
Anmuth seiner Erscheinung und seiner Kunst verschafften ihm schnell
Anerkennung und Aufträge.
Schon im Jahre 1503 erhielt er den Auftrag, im Kloster S. Anna
in Creta bei Pienza das Wunder der fünf Brode und zwei Fische im
Refectorium in Fresken darzustellen. Die Arbeit, für die er die Summe
von zwanzig Goldscudi erhielt, ist noch sehr dilettantisch und verräth
in keinem Zuge des flüchtig hingeworfenen Werkes die spätere Meister-
schaft des Künstlers. Eine weit umfassendere Aufgabe ward ihm bald
darauf (1505) in den Wandgemälden zu Theil, mit welchen er im
Kreuzgange des Klosters von Monte Oliveto bei Siena den sieben
Jahre vorher von Signorelli (I, 406) begonnenen Freskencyklus ab-
zuschliessen hatte. Es sind Sccnen aus dem Leben des h. Benedikt,
nicht weniger als 26 Bilder, in welchen der Anfang und Schluss der
Legende dargestellt ist. Der junge Künstler lässt sich hier in der
raschen Freskotechnik leicht und locker gehen, zeigt manchmal in
straffen Kriegergestalten den Einiiuss der nervigen Kunst Signorellfs,
erinnert dann wieder an Lionardo's Liebreiz, verräth aber im Ganzen
grosse Ungleichheit und fahrige Flüchtigkeit der Behandlung, die sich
sowohl in der lockeren Composition wie in den Mängeln der Zeichnung
und der kecken Leichtfertigkeit der Ausführung zu erkennen giebt. Im
Einzelnen sind dann wieder köstliche Züge naiver Anmuth und hin-
reissender Schönheit. Dabei reiche landschaftliche Hintergründe voll
Poesie. Zu den besten Bildern gehören St. Benedikts Abreise, seine
Einkleidung (Fig. 93), die versuchte Verführung der Mönche durch
schöne Mädchen, die Aufnahme der Knaben Maurus und Placidus in's
Kloster und endlich der Sturm der Longobarden auf Monte Cassino,
wo in der leidenschaftlichen Energie der Darstellung Signorcllfs Geist
waltet. Weitaus das edelste unter seinen dortigen Werken ist aber
der kreuztragende Christus an einem Pfeiler des Klosterhofes, ein Werk