Malerei.
Gehalt.
Geistiger
Land noch übersehwänglichen Besitz aufzuweisen vermag, obwohl es
seit Jahrhunderten alle Museen und Privatkabinete Europas von Madrid
bis Petersburg, von Pest und Wien bis Stockholm und London mit
seinen Schätzen geschmückt und bereichert hat.
Fragen wir aber nach dem geistigen Gehalt dieser unabsehbaren
Kunstwelt, so wird unsre Bewunderung noch höher steigen. Denn in
einer Zeit, deren Frivolitat und Lasterhaftigkeit nicht zu leugnen ist,
in einem Lande, das die bürgerliche Freiheit und die politische Selb-
ständigkeit verloren hat, in einem Volke, das durch ein Zerrbild der
Kirche Christi und durch die Ruchlosigkeit des Klerus alle Ideale,
den Glauben und die Begeisterung verloren zu haben scheint, und
dessen Poesie zum grössten Theil in den Novellen, den Epen, den
Komödien die Skepsis, die Ironie und die Lascivität ihre Bacchanalien
feiern lässt aus solchen sittlich zerrütteten Zuständen erhebt sich
strahlend wie im überirdischen Glanze einer besseren Welt das reine
Bild dieser wundergleichen Kunst.
Um diese scheinbar unbegreifliche Thatsache zu erklären, müssen
wir vor allen Dingen daran erinnern, dass trotz aller Verderbniss der
Kirche und ihrer Glieder, trotz der ironischen Skepsis der vornehmen
Klassen, die Religion immer noch das höchste Lebensinteresse des
Volkes war. Auch die bürgerlichen Kreise müssen wir uns über-
wiegend, noch ziemlich unberührt von der sittlichen Fäulniss, dem
alten Glauben hingegeben denken. Während die Spitzen der Gesell-
schaft, namentlich die Geistlichkeit und die höiischcn Kreise, mit
Wonne den unzüchtigen Komödien, den frivolen Novellen, den ironischen
und schlüpfrigen Epen lauschten, ist es gewiss bezeichnend, dass diese
ganze Literatur sowohl nach ihren Stolfen, wie nach ihrer Behand-
lungsweise so gut wie gar keinen Einfluss auf die bildende Kunst der
Zeit geübt hat. Wie ganz anders war es mit Dante's Divina Com-
media, die weit über das Mittelalter hinaus ergreifend und anregend
auf die Phantasie der Künstler gewirkt hatte! Aber Dante stand im
Mittelpunkt einer positiven Anschauung und spiegelte in Seinem
erhabenen Gedichte die höchsten Ideen, die im Volksgemüth seiner
Zeit schlummerten. So sind denn offenbar die Künstler der goldenen
Zeit bis auf verschwindende Ausnahmen von den sittlichen Miasmen
freigeblieben, vor Allem schon aus dem Grunde, Weil Sie selbst aus
den meist noch unverdorbenen Schichten des Volkes, besonders des
Bürgerstandßs hervorgingen. Selbst wo einzelne Ausnahmen, wie bei
Michelangelo, vorliegen, der einem vornehmen Geschlecht entstammt,