Garofalo.
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Kälte und tiefem Schnee aus dem Staube gemacht, angeblich um nach
Rom zu gehen. Was den achtzehnjährigen Künstler mit solch plötz-
licher Gewalt nach Rom zog, konnten in erster Linie nur die Denk-
mäler des klassischen Alterthums sein. Dort angekommen, miethete er
sich, wie Vasari angiebt, bei einem florentinischen Künstler Giovanni
Baldini ein, wo er Gelegenheit hatte, Zeichnungen berühmter Meister
zu sehen und zu studiren. Aber schon im Anfang des Jahres 1501
scheint ihn der Tod seines Vaters nach Hause zurückgerufen zu haben.
Da er diesen nicht mehr am Leben fand, war seines Bleibens in der
Heimath nicht lange. Im Drange sich weiter zu vervollkommnen, be-
gab er sich nach Bologna, wo er in die Werkstatt des treffliehen
Lorenzo Üosta eintrat. Dieser (I, 483) stand eben auf der Höhe seiner
Meisterschaft und konnte den jungen Ferraresen in seiner koloristischen
Entwicklung und in der Vorliebe für poetische landschaftliche Gründe
auf's beste fördern. Eine h. Familie in der Gal. Doria zu Rom, dort
dem Costa zugeschrieben, wird von gewichtiger Seite als ein Werk
Garofalds aus dieser Epoche seiner Entwicklung bezeichnet. Bis gegen
1504 "blieb der Künstler in Bologna, kehrte dann aber nach Ferrara
zurück, wo nach Vasarfs Bericht die Sorge um eine Schwester und
einen jüngeren Bruder ihn dann festhielten. Aber auch der kunst-
liebende Herzog Alfonso und seine Gemahlin Lucrezia Borgia suchten
den Künstler durch Aufträge zu fesseln. In diese Jahre fallt der
lebendigste Austausch mit dem um einige Jahre älteren Dosso, der
ebenfalls in seiner frischesten Entwicklung stand und durch sein phan-
tasievolles Wesen auf den ruhigeren, gelegentlich sogar etwas nüchternen
Garofalo günstig gewirkt zu haben scheint. In diese Jahre gehören jene
Werke des beweglichen Künstlers, in welchen sich die Frische jugend-
licher Empfindung mit einem besonders glühenden, prächtigen Kolorit
verbindet. Diese Arbeiten sehen oft denen des Dosso zum Verwechseln
ähnlich, wie die Tafeln mit Sebastian und Nicolaus in der Sammlung
des Capitols (Nr. 79 u. 87), welche von Crowe und Cavalcaselle sogar
dem Dosso zugesprochen werden, dort irrthümlich als Giovanni Bellini
bezeichnet. In den YVerken seiner frühesten Zeit überwiegt noch der
oberitalienische Realismus des '15. Jahrhunderts, der sich in einer herben
aber würzigen Frische der Auffassung in meist {ignrenreichen Compo-
sitionen, anmuthigen Landschaften und einem prächtigen Kolorit aus-
spricht. Nach einigen Jahren begab er sich in dem unablässigen Drange
nach weiterer Ausbildung, auf die Einladung eines Landsmanns,
des Ritters Sagrado, abermals nach Rom, wo er einige Jahre unter