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Buch.
Kapitel.
VIII.
Nachfolger RafaePs.
Schüler und
Wunderthaten und Martertod des h. Januarius darstellend, zu den
edelsten Schöpfungen der Zeit gehörend, voll Anmuth und schlichten
Lebensgefühls.
Wieder in andrer Richtung ist Giovanvzi da (Idine (1487-1564)
thätig, dem vor Allem die Ausführung der Dekorationen in RafaePs
Loggien anvertraut war, wie auch die ornamentalen Malereien in der
Pfeilerhalle unter den Loggien mit ihren anmuthigen Rebenlauben von
ihm herstammen. Ebenso war er hauptsächlich bei den Dekorationen
des ersten Saales im Appartamento Borgia betheiligt. Er stammte aus
der venezianischen Schule und hatte zuerst dort durch Giorgione be-
stimmende Einflüsse erfahren. So hoch er im Dekorativen steht, so
selten sind Tafelbilder von ihm nachzuweisen. Das einzige beglaubigte
Werk dieser Art ist ein köstliches Bildchen bei Herrn Frizzoni in
Bergamo, welches den Namen des Künstlers und die Jahrzahl trägt:
IOANNES NANNIS VTINENSIS. 1517. Es zeigt die thronende
Madonna, von zwei reizenden musizirenden Engeln umgeben und von
knieenden Stiftern verehrt, in der Luft Engelköpfchen und zierliche
Fruchtschnüre. Das tiefe leuchtende Kolorit und die Auffassung der
Formen lässt die letzte Stufe des bellinischen Stiles unter dem Einfluss
Giorgionds erkennen. Demnach muss das grosse Bild der Akademie
von Venedig, welches Christus, umgeben von den Schriftgelehrten
und den vier Kirchenvatern darstellt, als zweifelhaft erscheinen. Eher
darf man bei dem frischen, aber nicht venezianischen Kolorit, den
kräftigen Typen und den lebendigen Bewegungen an einen Ferraresen
denken. Ebenso ein kleineres Bild der Madonna mit zwei Heiligen in
der Galerie Manfrin. Eine h Familie in der Akademie (Nr. 187) ist
fein, in hellem Ton durchgeführt, die! Composition aber lahm und die
Gestalten spiessbürgerlich, so dass auch hier schwerlich an den Meister
zu denken ist.
Bei der Plünderung Roms 1527 ging er nach seiner Heimath
zurück und arbeitete dort in Udine und andern Städten des Friaul,
meist in dekorativer Weise. Noch einmal (1550) begab er sich nach
Rom , um die letzte Hand an die Vollendung der Loggien zu legen.
Er starb dort und erhielt sein Grab im Pantheon. Im bischöflichen
Palast zu Udine sieht man noch eine von ihm gemalte Decke, die im
Charakter der rafaelischen Compositionen ausgeführt ist. Auch im
Schlosse zu Colloredo und im Castell zu Spilimberg sind anziehende
Fresken von ihm vorhanden. In seiner Vaterstadt stand er nicht bloss
als Maler und Dekorator, sondern auch als Architekt in hohem Ansehen.