372
Buch.
III.
VIII. Kapitel.
Nachfolger
Schüler und
RafaePs.
der Eindruck nicht durchweg erfreulich ist; dennoch wirkt das Ganze
durch die Lebendigkeit und die überströmende Kraft der Erfindung
sowie durch den flotten freien Vortrag sehr bedeutend. In der Mitte
der Decke sieht man Venus ohnmächtig in den Armen Jupiters, ver-
spottet von der Juno, die von Hebe und Eroten begleitet wird.
Besonders schön durch glückliche Theilung der Flächen und an-
muthige dekorative Umrahmung ist die Galleria degli specchi, deren
Wände mit venezianischem Glas bedeckt sind, während das hohe Spiegel-
gewölbe mit seinen Stichkappen von Giulio's Schülern mit Fresken
geschmückt ward. In den Bogenfeldern an den beiden Enden des
Saales sieht man Apollo und die Musen auf dem Parnass, von Dichtern
des Alterthums und der Renaissance umgeben; gegenüber die alle-
gorischen Gestalten der Wissenschaften und Künste; in den sieben
Lünetten die drei theologischen und die vier Kardinaltugenden; endlich
am Gewölbe in drei grossen Medaillons Apollo auf seinem mit vier
Weissen Rossen bespannten Wagen als Lichtgott zur Bezeichnung des
Tages, an der andern Seite die Göttin der Nacht, von vier schwarzen
weissgeiieckten Rossen gezogen, dazwischen Jupiter sammt den übrigen
Göttern des Olymps. Es sind lebensvolle Compositionen von glänzender
dekorativer Wirkung.
Giulio's Stellung in Mantua hatte auch darin grosse Aehnlichkeit
mit der seines Meisters in Rom, dass er für alle künstlerischen Unter-
nehmungen in Anspruch genommen wurde. Grösstentheils erstreckten
sich dieselben über das Gebiet der Architektur, mit Einschluss der
Wasser- und Strassenbauten, durch welche er Mantua vor den Ueber-
schwemmungen des Po sicherte und die Schönheit wie die Gesundheit
der Stadt erhöhte. Ausserdem hatte er für den Herzog nicht bloss im
Castell zu Mantua bedeutende Umbauten vorzunehmen, wozu auch zwei
Wendeltreppen gehörten, sondern er erbaute und schmückte das später
zerstörte Schloss Marmirolo in glänzender Weise. Ebenso führte er
die noch vorhandene unfern der Stadt am Po gelegene Abteikirche
S. Benedetto auf, ein Werk von grossartiger Anlage und prächtiger
Ausstattung. Auch für den Umbau des Domes wurde er in Anspruch
genommen, und selbst nach Bologna berief man ihn, um für die Facade
von S. Petronio Entwürfe anzufertigen. Auch ein eigenes palastartiges
Haus, das noch erhalten ist, erbaute er sich in Mantua und schmückte
dasselbe aussen und innen in prächtiger Weise mit Stuckaturen und
Gemälden. Sein Ruhm war ein so verbreiteter, dass beim Tode An-
tonio's da San Gallo man daran dachte, ihm die Aufsicht über den Bau