Romano.
Palazzo
367
Mantovano, Francesco Primaticcio und Benedetto Pagani. Denn nach
dem verhängnissvollen Beispiel RafaePs vermochte auch er, von massen-
haften künstlerischen Unternehmungen überhäuft, nur die Entwürfe zu
allen diesen Werken zu liefern, die dann durch die Hand der Gehülfen
eine Gestalt erhielten, in welcher eine Vergröberung der ursprünglichen
Intentionen unvermeidlich War. Doch überging Giulio, wie Vasari
erzählt, die Arbeiten fast sämmtlich mit eigener Hand, so dass dieselben
dadurch „zu seinen eigenen wurden".
Die Reihe der Gemächer beginnt mit einem Vorzimmer, dessen
Decke ein grosses Bild mit dem herabsteigenden Helios und der auf-
steigenden Selene in poetischer Erfindung enthält. Dann folgt ein
Gemach, welches mit äusserst lebendigen Nachbildungen der Lieblings-
pferde des Herzogs geschmückt ist, wohl das erste Beispiel solcher
fürstlicher Pferdeporträts. Daran schliesst sich der Saal der Psyche,
durch schöne Eintheilung, reiche Dekoration und glänzend heiteren
Bilderschmuck das Prachtstück des ganzen Cyclus. An der Decke
sieht man in achteckigen Medaillons acht Scenen aus dem Leben der
Psyche, beginnend mit dem Orakel, welches ihrem Vater die Leiden
seiner Tochter voraussagt bis zu der Strafe, welche Psyche wegen des
Abpilückens der verbotenen Frucht trifft. In den zwölf Lünetten der
Decke sind die Prüfungen der Psyche dargestellt, auf der Spiegelüäche
der Decke endlich eine grosse glänzende Schilderung der Hochzeit von
Amor und Psyche. Giulio hat diese poetische Fabel in ganz neuem
Sinne behandelt, unabhängig von RafaePs Compositionen, deren ein-
fache seelenvolle Anmuth er nicht erreicht, wofür er aber durch frische
Lebendigkeit und reiche landschaftliche Gründe zu entschädigen sucht.
An den Wänden malte Giulio die festlich heiteren Scenen aus dem
Leben der Psyche, namentlich die Vorbereitungen zu ihrem Hochzeits-
mahl. Vasari schildert diese Werke in seiner lebendigen Weise also:
"Man sieht in dem einen Bilde Psyche im Bad, von anmuthigen Liebes-
göttern umringt, die beschäftigt sind, sie zu waschen und abzutrocknen;
in einem andern Theile des Bildes ordnet Merkur das Gastmahl, wäh-
rend sie sich badet, die Bacchanten spielen, die Grazien Schmücken
die Tafel zierlich mit Blumen, und Silen mit seinem Esel, von Satyrn
gehalten, sitzt auf einer Ziege, an deren Zitzen zwei Kinder trinken.
Dabei steht Bacchus, zu seinen Füssen zwei Tiger, mit dem einen
Arm auf den Credenztisch gestützt, an dessen Seiten ein Kameel und
ein Elephant stehen. Der Credenztisch, tonnenartig in Form eines
Halbkreises, ist mit Laubguirlanden, Blumen und Weinstöcken geziert,