Romano in Mantua.
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RafaePs, sondern in einem mehr sinnlich üppigen Geiste auffasste.
Solcherart sind aus seiner früheren Zeit die Dekorationen der Villa
Lante (mehreres davon in der Galerie Borghese) und in der Villa.
Madama. Ist auch hier die Auffassung des Einzelnen schon etwas
ausserlich, so bleibt die Gesammtwirkung immer noch von grossem
Reiz. Von Tafelbildern dieser Gattung nennen wir das kleine, in
bräunlichen: Kolorit sorgfältig ausgeführte Kabinetsstück im Louvre
mit der Darstellung von Vulcan und Venus. Ebendort ein anderes
kleines figurenreiches Bild, welches den Triumphzug des Titus und
Vespasianus schildert. Frisch und kräftig gemalt in tiefem Ton, mit
effektvollem landschaftlichem Grunde zeugt es von den eifrigen Studien
nach antiken Denkmälern. Bezeichnend für Giulio ist die Vorliebe für
rothgelbe und hellgrüne Gewänder. Aehnlicher Art sind die kleinen
friesartigen Bilder in der Nationalgalerie zu London, welche die Er-
oberung Carthagena's durch Publ. Corn. Scipio und den Raub der
Sabinerinnen darstellen. Geistreich und lebendig erzählt, erhalten sie
durch die flotte Darstellung in einem kräftig harmonischen Kolorit und
die markige Zeichnung fesselnden Reiz. Dagegen ist in derselben
Galerie die Kindheit Jupiter-s (Nr. 624) zwar blühend und frisch ge-
malt in einer an die Ferraresen erinnernden Landschaft, aber die un-
natürlichen Verdrehungen sämmtlicher Körper und die maskenhaften
Gesichter lassen nicht an Giulio denken, dem dort das Werk zuge-
schrieben wird.
Zu glänzender Wirkung sollte diese Seite seines Schaffens sich
entfalten, als er an den Hof des Federigo Gonzaga nach Mantua be-
rufen wurde, um die Residenz dieses kunstliebenden Fürsten mit glän-
zenden Bauten zu schmücken. Der Graf Castiglione war es, durch
dessen Vermittlung Giulio im Herbst 1524, [nach Vollendung des Con-
stantinsaales, in die Dienste des Herzogs trat. Hier wurde ihm nicht
bloss der ehrenvollste Empfang zu Theil, sondern es traten Aufgaben
an ihn heran, wie sie glänzender und umfassender kaum ein anderer
gleichzeitiger Künstler erhalten hat. Was irgend in Architektur,
Malerei und Dekoration zu schaffen war, wurde in seine Hand gelegt,
so dass er das gesammte künstlerische Leben in Mantua bis an seinen
Tod (1546) ausschliesslich beherrschte. Der Herzog selbst pflegte zu
sagen, Mantua sei nicht seine, sondern Giulio's Stadt. Vorübergehend
war der Künstler 1535 auch in Ferrara für den dortigen Hof beschäf-
tigt, bei welcher Gelegenheit er für seinen Fürsten allerlei Besorgungen,
z. B. Eier von indianischen Pfauen, seltene Pflanzen u. dgl. übernahm.