Umwandlung
der Plastik.
Malerei.
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die Plastik der Zeit bei kirchlichen Aufgaben und diese sind stets
noch weitaus die Mehrzahl immer entschiedener zu einem Stil,
dessen lautere Anmuth mehr dem Gebiet des allgemein Menschlichen
als des spezifisch Christlichen angehört. So zeigt es uns der edle
Aydrea Sansovino, nicht bloss in den Grabmälern von Sta, Maria del
Popolo, sondern auch in seinen Arbeiten in der Sta. Gasa zu Loreto;
in seinen Grabgestalten aber schafft er Abbilder des Lebens, in welchen
die portratmässige Treue durch Adel der Auffassung zu monumentaler
Würde erhöht ist. Daneben ist der milde Andrea della Robbia, dieser
Rafael der Plastik, zu nennen, der mit seinen Söhnen jene herrlichen
glasirten Thonsculpturen hervorbringt, Welche man in Florenz, Arezzo,
Verna und vielen andern Orten an Altären, Thürlünetten, Sakristei-
brunnen u. dgl. bewundert. Reinheit der Empfindung, Anmuth des
Ausdrucks, Adel der Form verleihen diesen Werken das Gepräge
klassischer Vollendung. Prachtvoller und markiger entfaltet, sich da-
gegen die Marmorsculptur Venedigs, wo Jacopo Sansovino den Ent-
wicklungsgang der Plastik beherrscht, während in Bologna der treff-
liche Alfonso Lombardo seine fein empfundenen Werke schafft, und in
Modena Antonio Begarelli das geringe Material des gebrannten Thons
durch die Innigkeit seiner edlen Schöpfungen adelt.
Ausser aller Linie steht dann Michelangelo, der in den Mediceer-
grabern, wie in dem Moses, in den Madonnen, wie in den Gestalten
des antiken Mythos nur das Gesetz seiner eignen tiefen und gewaltigen
Subjektivität anerkennt, die freilich mit solch souveräner Herrschaft
über Form, Bewegung und Ausdruck ausgestattet ist, dass sowohl die
Antike wie das Christenthum in den Hintergrund treten. Hier zeigt
sich mehr als. irgendwo die Entfesselung der modernen Subjektivität
in einer dämonischen Gewaltherrschaft, der die ganze Schaar der
kleineren Nachzügler unrettbar zum Opfer fiel.
So fällt denn auch jetzt, ja jetzt mehr als je, die Hauptaufgabe
der Kunst wiederum der Malerei anheim. Und hier erheben sich
nun vor dem umschauenden Blick jene Heroengestalten der Kunst,
welche die Bewunderung und die Liebe der Menschengeschlechter bis
in die fernsten Zeiten sein werden. Den Reigen eröffnet die ernste,
räthselhaft verschlossene Gestalt Lionardds; ein Grübler und wissen-
schaftlicher Spürer auf allen Gebieten des Forschens, ein Erdecker
wie wenige im Bereiche des Schönen. In diesem suchenden Tiefsinn
ist er noch ganz ein Mensch des 1_5. Jahrhunderts; ebenso sehr Gelehrter
wie Künstler; nicht minder Physiker, IngenieurfFestungs- und Wasser-