Constantilqssaa].
Constantinsschlacht.
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denn hier zeigt sich der Meister des ideal historischen Stils auf seiner
vollen Höhe und schafft das mächtigste Schlachtenbild der gesammten
neueren Kunst. In bedeutender Breite thllt Sich V01" UIIS daS Schlacht-
feld auf, von einem wilden Gewimmel Kämpfender und Fliehender an-
gefüllt. Aber trotzdem erkennt man auf den ersten Blick die Haupt-
gestalt, den auf weissem Ross in der Mitte des Bildes vorsprengenden
Constantin. Rücksichtslos setzt er über einen dichten Knäul zu Boden
gestürzter Krieger hinweg und holt mit der Lanze aus, um seinen
Gegner Maxentius zu durchbohren. Diesen erblicken wir ganz vorn
rechts auf wildbäumendem Ross in den Fluthen des Tiber, in Todes-
angst vergeblich sich an den Hals des Pferdes klammernd, um sich
vor dem Ertrinken zu schützen. Es ist also der Augenblick der Ent-
Scheidung, der Sieg ist schon erfochten und erhält durch den Unter-
gang des feindlichen Führers nur seine Besiegelung. In imposanten
Massen, von Tubabläsern angefeuert, dringt Constantins Heer unauf-
haltsam vor, den letzten Widerstand der Feinde zu Boden werfend.
Diese sieht man zum Theil in den Fluss gesprengt, zum Theil auf
dem Ufer noch vergeblichen Widerstand versuchen; andere haben sich
in Kähne geworfen und führen einen Verzweiflungskampf gegen solche,
die sich in die überfüllten Fahrzeuge schwingen möchten.
Ist hier schon eine Fülle glänzender Episoden ausgebreitet, so er-
reichen die Scenen im Vordergrunde links, wo ein Häuflein versprengter
Feinde auf Tod und Leben kämpft, das höchste dramatische Interesse.
Hier sieht man auch die ergreifende Gruppe jenes Kriegers, der einen
todt hingestreckten jüngeren Mann, vielleicht seinen Sohn, aufzuheben
sucht. Im Hintergrunde rechts dagegen zeigt die Milvische Brücke die
dichten Massen des fliehenden, von den Verfolgern hart bedrängten Hee-
res. Die sanft geschwungenen Hügelketten, Welche mit melodischem
Linienzug das Thal des Tiber einfassen, schliessen die Darstellung ab,
die an Grösse des historischen Stils, Klarheit der Anordnung, Reichthum
und Kühnheit mannichfach bewegter Gruppen in ächt malerischer Be-
handlung ihres Gleichen nicht hat. Um den Gedanken zur vollen Klar-
heit zu bringen, erscheinen drei herrliche schwebende Engelsgestalten
über Constantin, den Schutz des Himmels deutlich verkündend.
Von Studien zu diesem Bilde ist zunächst die grosse Sepiazeich-
nung im Louvre zu nennen, die manche Abweichungen zeigt, nament-
lieh in der Anordnung der Engel und in manchen Gestalten des Vorder-
grundes, wie denn mehrere im Flusse mit den Wellen kämpfende
Krieger hinzugefügt sind. Sicher liegt aber hier kein Original RafaeYs