Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
Kapitel. 
VII. 
Rafael unter Leo 
dort oben schwebt, erhebt dieses Werk zu einem Meisterstück drama- 
tischer und zugleich feierlich-kirchlicher Composition. Die oberen Theile 
sind von duftig zarter Färbung, die unteren aber zeigen in der gar 
zu scharfen Modellirung mit schweren Schatten und in den grellen 
Farbentönen eine starke Mitwirkung der Schüler, namentlich Giulio 
Romands, der nach Rafael's Tode auch den Rest des Honorars von 224 
Dukaten erhielt. Der Kardinal konnte sich übrigens nach dem Heim- 
gange des Meisters nicht entschliessen, das Bild von Rom fortzusenden. 
Es blieb daher einige Zeit in der Cancellaria, der Wohnung des Be- 
stellers, und wurde dann von ihm auf den Hauptaltar von S. Pietro in 
Montorio gestiftet. Durch die Franzosen in der Revolutionszeit ent- 
führt, wurde es in Paris gereinigt, 1815 zurückgegeben und in die 
Gemäldegalerie des Vatikan aufgenommen. 
Aus einer grossen Anzahl herrlicher Röthelstudien zu dem Bilde 
erkennen wir, mit welcher Sorgfalt der Meister dieses Werk vorbereitet 
hat. Kurz vor seinem frühen Ende nahm er noch einmal seine ganze 
Kraft zusammen, um gegenüber den immer schnöder auftretenden Ur- 
theilen seiner Gegner zu beweisen, was er vermöge. S0 wurde das 
Werk das letzte Zeugniss seiner auf's Höchste angespannten Schöpfer- 
kraft. Die Albertina besitzt die nach dem nackten Modell gezeich- 
neten Studien zu dem vorn sitzenden Andreas und noch einmal zu 
derselben Figur nebst dem dahinter stehenden und hinaufzeigenden 
Jünger (Br. 140). Den Kopf des Andreas in der Grösse der Aus- 
führung, prachtvoll in schwarzer Kreide gezeichnet, sieht man im 
Brit. Museum (Br. 93), die Köpfe und Hände des sich vorbeugenden 
Jüngers und des älteren Apostels neben ihm in ähnlicher Art, nur 
noch effektvoller, in Oxford (Br. 57). Ein Nacktstudium zu den drei 
Jüngern in der Mitte des Bildes, mit dem Rothstift gezeichnet, be- 
sitzt die Albertina (Br. 139), ein ähnliches zu dem besessenen Knaben 
und seinem Vater die Ambrosiana (Br. 128). Eine Skizze nach dem 
nackten Modell zu dem sich vorbeugenden jugendlichen Apostel und 
dem hinter ihm stehenden Hinaufzeigenden "bewahrt das Louvre, eben- 
falls in Rothstift prachtvoll ausgeführt (Br. 254). Die grosse Feder- 
zeichnung der ganzen Composition in nackten Figuren in der Albertina 
kann dagegen nicht als Original RafaePs, sondern höchstens als Kopie 
nach einem solchen gelten. Noch merkwürdiger ist eine Anzahl von 
Studienblättern, welche Rafael um dieselbe Zeit für eine Auferstehung 
Christi entworfen hat. Die erste Skizze befindet sich in London bei 
W. Mitchell, der obere Theil der Composition ist in einer Federzeichnung
	        
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