Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Verklärung Christi auf Tabor. 
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Armen in Wunderbar leichtem Emporschweben den Blick des edlen 
Antlitzes nach oben wendet. Mit gewaltigem Schwung umrauscht ihn 
der Mantel und auch die Gewänder seiner beiden Begleiter sind in 
prächtiger Bewegung dargestellt. Auf dem abgeplatteten Gipfel des 
Berges sieht man Petrus, Jakobus und Johannes ausgestreckt liegen, 
geblendet von der glänzenden Erscheinung, vor welcher der eine sich 
niederduckt, während die andern beiden die Augen mit vorgestreckter 
Hand zu schützen suchen. Zwei schöne jugendliche Diakonen hat der 
Künstler aus irgend einem uns unbekannten Grunde seitwärts als innig 
bewegte Zuschauer angebracht. Unten aber füllt den Vordergrund 
links die Schaar der übrigen neun Jünger. In leidenschaftlicher Be- 
wegung umringen sie den besessenen Knaben, der auf der rechten Seite 
des Bildes von den Seinigen gebracht wird, und den die Apostel ver- 
geblich zu heilen suchen. Der unglückliche Kleine, der eben einen 
Anfall erleidet, wie man an den verdrehten Augen, dem geöffneten 
schäumenden Munde und der krampiigen Bewegung der Arme und 
Hände sieht, wird von seinem Vater gehalten und ist von Männern 
und Frauen mit dem Ausdruck lebhafter Theilnahme umringt. Mit 
genialem Griff hat Rafael die beiden Scenen zu einer einzigen ver- 
bunden, und während er unten den Jammer und die Noth des Erden- 
lebens schildert, zeigt er in lichter Höhe die Himmelsgestalt des Er- 
lösers, die alles Leid hinwegtilgt. Darauf deuten auch die Geberden 
der Umstehenden. Denn während eine grossartige Frauengestalt, die 
vom Rücken gesehen, niedergekniet ist, mit leidenschaftlicher Geberde 
sich gegen die Apostel wendet und mit beiden Händen auf den un- 
glücklichen Knaben hinweist, eine andere Frau aber, wohl die Mutter 
des Leidenden, mit innigem Blick um Erbarmen Heht, andere be- 
schwörend und bittend ihr Gesuch unterstützen, erkennt man in den 
Aposteln den mannichfaltigsten Ausdruck der Ergriffenheit, der Theil- 
nahme und zugleich der Rathlosigkeit. Der eine beugt sich weit vor 
und blickt mit starrem Ausdruck der Hülflosigkeit auf die Gruppe hin, 
ein andrer macht seine Gefährten mit ausgestreckter Hand darauf auf- 
merksam, wieder ein andrer (Andreas), eine der prachtvollsten Ge- 
stalten, im Vordergrunde links mit einem Buche sitzend, zeigt in seinen 
Geberden Entsetzen. Aber einer unter ihnen, der ungefähr die Mitte 
der Gruppe einnimmt, weist nach dem Berge hinauf und giebt den 
Angehörigen des Kranken die tröstliclle Zuversicht, dass droben einer 
weilt, von dem Hülfe kommt. Die Verbindung dieser leidenSßhaftlich 
erregten Scene mit der feierlichen Erscheinung, die im Himmelsglanz
	        
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