Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

von Aragonien. 
J ohanna 
Velata. 
Donna 
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Um hier gleich die übrigen Porträts des Meisters anzuschliessen, sei 
zunächst von der berühmten Johanna von Aragonien die Rede. Diese 
wegen ihrer Schönheit gefeierte Dame, eine Tochter Ferdinands von 
Aragonien, vermählt an Ascanio Colonna, wurde wie es scheint für 
Franz I. gemalt und in der That befindet sich das Original noch heute 
im Louvre. Sie ist als Kniestück dargestellt, mit einem Kleide von 
rothem Sammt angethan, dessen weite Aermel ein gelbseidenes Futter 
zeigen und über welches ein Pelz geworfen ist. Den feinen Kopf be- 
deckt ein rothsammtner mit Perlen und Edelsteinen geschmückter Hut, 
den Hintergrund bildet ein reiches Gemach. Die Haltung der Fürstin 
ist vornehm, der schöne Kopf fein gezeichnet und köstlich modellirt, 
das blonde Haar von grosser Zartheit der Ausführung, so dass diese 
Theile RafaePs eigne Hand verrathen. Damit stimmt auch Vasarfs 
Nachricht, der alles Uebrige dem Giulio Romano zuschreibt. Bei aller 
Schönheit nämlich athmet das Bild eine gewisse Kälte, und so pracht- 
voll das Ganze wirkt, so vermissen wir doch das Seelenvolle, das sonst 
RafaePs Schöpfungen niemals fehlt. Am wenigsten kann man die grossen 
steifen, wenngleich sorgfältig modellirten Hände ihm zutrauen. Von 
den zahlreichen alten Kopieen nennen wir die im Museum zu Berlin 
und in der Galerie Doria zu Rom. 
Dagegen ist das seelenvollste Frauenporträt, welches wir von 
Rafael besitzen, die sogenannte „Donna velata" der Galerie Pitti. Es 
ist das Brustbild einer Dame, welche Rafael bei der Magdalena auf 
dem Üäcilienbilde und bei der sixtinischen Madonna vorgeschwebt hat. 
Das seitwärts gewandte Gesicht mit den mächtigen dunklen Augen, 
der schön geformte Kopf, von welchem ein weisser Schleier niederwallt, 
der auch den rechten Arm einhüllt und nur den linken, mit einem 
weiten, geschlitzten Aermel bekleideten frei lässt, die edle Ruhe der 
Haltimg und die mächtigen Formen, welche das gelbe Mieder fast zu 
sprengen drohen, geben den Eindruck einer jener ächt römischen Schön- 
heiten grossen plastischen Stiles. Gemalt ist das Bild mit wunderbar 
leichtem fast durchsichtigem Farbenauftrag, das Fleisch von goldigem 
Ton mit duftigen perlgrauen Schatten. Endlich gehört noch hieher 
das köstliche Jünglingsporträt im Louvre, an poetischem Reiz der 
Auffassung unvergleichlich. (Fig. 83.) Rafael, der die bedeutendsten 
Männer so grossartig wiederzugeben wusste, hat hier einmal mit inniger 
Empfindung der reinsten Jugendschönheit gehuldigt. Auf die rechte 
Hand gestützt, in bezaubernder Selbstvergessenheit, blickt der Jüngling 
mit den grossen Augen träumerisch den Beschauer an. Der feine Kopf
	        
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