Farnesina.
Galatea
und
Polyphenx.
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Venus aufführt. Man sieht die schöne Geliebte des Polyphem auf ihrem
von zwei Delphinen gezogenen Musehelwagen über die Meeresfluth da-
hiniahren. Während sie mit beiden Händen die Zügel hält, Wendet
sich der schöne Kopf rückwärts und verleiht der Figur eine Bewegung
voll kräftiger Anmuth. Der frische Meereswind spielt in dem aufge-
lösten Loekenhaar und wirft den Mantel, der nur einen Theil der schönen
Glieder verhüllt, wie ein flatterndes Segel zurück. Rings umspielen
die halb thierisehen Geschöpfe der Salzüuth mit ausgelassenem Muth-
Willen die herrliche Gestalt, vorn umarmt ein rauher Triton zudring-
lieh eine Nymphe; ein anderes Paar sehen wir weiter im Hintergründe
rechts, während andere Tritonen lustig auf ihren Musehelhörnern blasen.
Drei Liebesgötter, die in den Lüften schweben, senden ihre Pfeile auf
die muntere Gesellschaft, ein vierter taucht hinter Wolken auf und
ein fünfter hat sich in übermüthiger Lust in's Meer gestürzt, wo er
schwimmend die Hauptgruppe begleitet. Ein berauschender Klang ge-
steigerter Daseinslust weht durch das schöne Bild, das uns den über-
müthigen Frohsinn der goldenen Renaissaneezeit mit vollen Zügen
schildert.
Das zweite Wandgemälde desselben Saales, welches den Poly-
phem darstellt, hat so starke Beschädigungen und Uebermalungen er-
litten, dass über RafaeYs Urheberschaft kaum noch zu urtheilen ist.
Der Riese ist auf einem Felsen unter einer Eiche sitzend dargestellt.
In der Linken einen Ast haltend, lässt er die Rechte mit der Hirten-
flöte müssig herabhiingen, um sehnsüchtig nach Galatea auszuschauen,
die er drüben mit ihren übermüthigen Gefährten erblickt. Wichtig
für die künstlerischen Anschauungen Ralfaelis ist ein Brief, den er in
dieser Zeit an den Grafen Castiglione schrieb. „Was die Galatea be-
trifft, so würde ich mich für einen grossen Meister halten, wenn nur
die Hälfte von den schönen Dingen wahr wäre, welche mir Ew. Herrl.
schreiben; aber ich erkenne in Euren Worten die Liebe, die Ihr zu
mir habt. Ich muss sagen: um eine Schönheit zu malen, müsste ich
deren mehrere sehen, mit der Bedingung, dass Ew. Herrl. sich bei
mir befänden, um das Beste zu wählen. Da aber gute Richter und
schöne Weiber Selten sind, so bediene ich mich einer gewissen
Idee, die mir vorsehwebt. Ob diese nun etwas Gutes in der
Kunst hat, weiss ich nicht, wohl aber bemühe ich mich darum." Wie
eifrig er die Natur studirte und wie hoch seine Kunst. doch über der
Zufälligkeit der Einzelerscheinung- stand, lässt sich nicht klarer aus-
sprechen.