Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
III. 
Kapitel  
unter Leo 
Rafael 
neueren Zeiten schmückten sie die Galerie von Hamptoncourt, bis sie 
seit (1866 dem Kensington-Museum in London einverleibt wurden. 
Grösseres und Herrlicheres als diese Werke hat Rafael nicht 
geschaffen. Sie stehen ebenbürtig neben den vollkommensten seiner 
Stanzenbilder, mit welchen zusammen sie uns den höchsten Begriff 
von seiner Künstlerkraft geben. 
Die Teppiche hatten die Aufgabe, den in der sixtinischen Kapelle 
durchgeführten malerischen Schmuck zum Abschluss zu bringen. Nie 
hat die bildende Kunst ein grossartigeres Gesammtwerk in strengerer 
Gedankengliederung durchgeführt. An der Decke die gewaltigen Ge- 
stalten der Schöpfung, der Urgeschichte der Menschheit bis zum Sünden- 
fall und der Sündiluth, dem Ausgangspunkt des Erlösungswerkes. _Dann 
an den Wänden die Führung und Rettung des Volkes Gottes durch 
Moses und gegenüber in strengem Parallelismus das Lehren und Walten 
Christi auf Erden. Die weitere Entwicklung der Kirche in den ersten 
Zeiten der Apostel, ihre Verwaltung der Gnadenmittel und Fortsetzung 
der Mission Christi sollten die Teppiche schildern. Hinzugefügte Sockel- 
bilder, die freilich wenig von Rafael an sich tragen, gaben endlich 
noch Scenen aus dem Leben Leo's X. und führten somit die Schilderung 
bis in die Gegenwart fort. Die Anordnung der Teppiche war so, dass 
in der Mitte der Altarwand, unter der damals noch vorhandenen Himmel- 
fahrt Maria von Perugino, die Krönung der Jungfrau angebracht war; 
daneben befand sich rechts der Fischzug Petri, links Pauli Bekehrung. 
Diesen schlossen sich an der Langseite des Chorraumes je vier Tep- 
piche an, mit weiteren Scenen aus dem Leben der Apostelfürsten, 
wozu noch die Steinigung des Stephanus als des ersten Märtyrers kam. 
Zu dieser sowie zur Bekehrung SauPs, zu Paulus im Kerker und zur 
Krönung der Maria sind die Kartons spurlos verschwunden. 
Von den Teppichen ist der mit der Krönung Maria erst neuer- 
dings (1869) durch einen französischen Künstler wieder entdeckt worden. 
Man sieht Christus in liebevoller Neigung der Madonna gegenüber auf 
einem Throne sitzen und die Krone ihr auf's Haupt setzen, während 
sie mit dem Ausdruck demuthvoller Innigkeit die Arme über der Brust 
kreuzend die Auszeichnung empfängt. Ueber ihnen schwebt Gottvater 
mit der Weltkugel, die Rechte zum Segnen erhebend, von Cherubim 
umringt. Zwei Engel ziehen zu beiden Seiten die Vorhänge vor dem 
Throne weg, zwei andere unten an den Stufen lesen eifrig in einem 
Schriftband. Neben ihnen stehen in Verehrung Johannes der Täufer 
und Hieronymus mit seinem Löwen. Zu dieser Composition giebt es
	        
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