Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Der 
Ueberfall bei 
Ostia. 
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den Strand zu gewinnen. Aber auch auf der kahlen Landzunge, die 
von rechts in's Bild hineinragt, sieht man zwei päpstliche Ritter gegen 
sarazenische Bogenschützen einhersprengen. 
Dies Alles begiebt sich im Mittelgrunde, während der Vorder- 
grund das Ergebniss des Kampfes in einer Anzahl Gefangener zeigt, 
welche vor den links auf einem Throne sitzenden Papst gebracht werden, 
Dieser, mit den reichen Pontifikalgewändern und der Tiara bekleidet, 
trägt die Züge Leo's X. und wendet mit gehobenen Händen und dank- 
bar frommem Blick sich zum Himmel, während hinter ihm die Kardi- 
näle Bibbiena und Giuliano de' Medici stehen und weiter rechts das 
Gefolge mit voraufgetragenem Kreuz sichtbar wird. Ganz vorn steht 
eine prächtige Kriegergestalt in römischem Panzer, den linken Arm in 
die Seite gestemmt und mit der ausgestreckten Rechten auf die Ge- 
fangenen hinweisend. Zu dieser Figur besitzt die Albertina (Br. 176) 
die herrliche nach dem nackten Modell ausgeführte Röthelstudie RafaePs, 
welche dieser als Zeichen seiner Verehrung an Dürer geschickt hat. 
Vor dem Papst knieen drei gefesselte nackte Sarazenen, welche 
von römischen Soldaten zu Boden gestossen werden. Den vorderen 
hat ein junger Krieger im Schuppenpanzer am Schopf gepackt, ein 
anderer, mehr im Hintergrunde, wird eben herbeigetrieben und die 
Krieger blicken fragend zum Papst empor, wie um seinen Willen be- 
treffs der Gefangenen zu vernehmen. Gleich daneben kniet ein Römer 
in herrlicher Verkürzung auf einem am Boden liegenden Feind, dem 
er eben die Hände auf dem Rücken zusammen bindet. Andere Ge- 
fangene werden rechts im Vordergrunde gelandet, wo ein Ferge mit 
energischem Stoss der Ruderstange seinen offenen Nachen eben an's 
Land treibt. Zwei Krieger mit gezücktem Schwert eilen herbei, um 
sich der Gefangenen zu bemächtigen. Ünterihren ausgestreckten Armen 
bleibtein Raum frei, wo man einen Römer todt am Boden sieht, 
während der über ihm knieende Sarazene mit einem zweiten Feinde 
kämpft, dem er die Streitaxt zu entwinden sucht. 
 Auch diese Composition ist reich an schönen Gruppen und Gestalten 
und verräth in der Kühnheit der Bewegungen, in den Verkürzungen, in der 
Vorliebe für nackte Gestalten und energisch ausgeprägten Muskelbau den 
Einfluss Michelangelds, mit welchem Rafael hier in glänzender Weise den 
Wettkampf aufgenommen hat. Wie sehr damals seine Phantasie mit 
Schlachtbildern erfüllt war, beweisen die drei berühmten Federzeichnungen 
zu Oxford (Br. 45, 46, 47), wo ein Uebersohuss compositioneller Kraft 
sich in Kampfscenen von höchstem leidenschaftlichem Feuer Luft macht. 
Lübke, Italien. Malerei. II. 20
	        
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