Rafael
und Archäolog.
Architekt
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nach seinen Angaben ausgeführt wurden. Dahin gehört der Palast des
päpstlichen Kämmerers Branconio d'Aquila, bei welchemRafael durch
Anwendung von Halbsäulen im Erdgeschoss, von Nischen mit Statuen
und von kräftig mit Giebeln und Säulenstellung eingefassten Fenstern,
sowie von Fruchtschnüren, Medaillons und Masken im Hauptgeschoss
jene wirksameren malerischen Contraste in die Architektur einführte,
welche damals auch in seinen Gemälden sich geltend machten. Auch
'für Florenz war er als entwerfender Architekt thätig, da nach seinen
Plänen dort der einfach stattliche PalazzoPandollini ausgeführt wurde.
Hier schloss er sich in der kräftigen Rustika und den einfacheren
Formen der strengeren Horentinischen Auffassung an. Ob Pal. Uguc-
cioni in Florenz und Pal. Vidoni in Rom ihm ebenfalls zuzuschreiben
sind, muss dahingestellt bleiben. Dagegen waren die Stallungen der
Villa Farnesina und die schöne noch erhaltene Familienkapelle der
Chigi in S. Maria del Popolo von Rafael entworfen. Auch für die
Villa Madama wurden die ersten Pläne, die noch in den Uffizien auf-
bewahrt werden, von Rafael geliefert.
Noch weiter zog ihn der Papst in die umfassendsten Unter-
nehmungen hinein, als er ihm durch ein Breve vom 27. August 1515
die Aufsicht über alle Ausgrabungen in und_ bei Rom übertrug, mit
der bestimmten Weisung, dass ihm von allen Ausgrabungen sofort
Anzeige gemacht werde, damit er taugliche Marmorstücke und Steine
für den St. Petersbau ankaufen und die Vernichtung antiker Inschriften
oder Kunstdenkmale verhindern könne. Eine Denkschrift an den Papst
über das Fortschreiten dieser grossartigen Unternehmung, die man
zuerst dem Grafen Castiglione, später Rafael zuschrieb, scheint von
einer anderen Hand herzurühren. Aber auch sonst erfahren wir, be-
sonders durch Vasari's Zeugniss, mit welchem Eifer Rafael sich dem
Studium der antiken Denkmäler widmete. Sagt er doch in einem
Briefe an Castiglione, wo er den Bau von St. Peter erwähnt: „Ich
wünsche, die schönen Formen der Antike zu finden, weiss aber nicht,
ob es der Flug des Ikarus sein wird. Vitruv giebt mir einiges Licht,
aber nicht so viel als hinlänglich ist."
Immer mehr trat für die folgenden Jahre seine Gestalt in den
Vordergrund, und so umfassend wie einst zu Perikles Zeiten Phidias
die attische Kunst beherrscht hatte, so universell stand Rafael im Mittel-
punkt des römischen Kunstlebens. Ja so mannichfaltig und vielseitig
wurden seine Kräfte in Anspruch genommen, dass das in den letzten
sieben Jahren seines kurzen Lebens Geschaifene die auf's Höchste