300
Buch.
VII.
Kapitel.
Rafael unter Leo X.
nun Zeit für Rafael sei, sich zu verheirathen und hatten ihm eine
Landsmännin vorgeschlagen. Rafael antwortet ablehnend, indem, er
berichtet, dass der Kardinal von Sta. Maria in Portico (Bibbiena) ihm
eine Verwandte zur Frau geben wolle. Er habe nur die Genehmigung
seiner Oheime zur Bedingung gemacht. Uebrigens fehle es ihm in
Rom nicht an guten Partien, da er ein schönes Mädchen von gutem
Ruf und einer Mitgift von 3000 Goldscudi bekommen könne. Zudem
beünde er sich in den besten Verhältnissen, da man ihm für seine
Arbeiten bezahle, was ihm gut dünke. Für die Malereien eines Zimmers
im Vatikan, Welches er im Auftrage des Papstes angefangen habe,
erhalte er 1200 Golddukaten. Sodann habe Seine Heiligkeit ihn über
den Bau der Peterskirche gesetzt mit einem Jahresgehalt von 300 Gold-
dukaten. Bis jetzt habe er in Rom schon Besitzungen im Werth von
3000 Goldgulden und ein Einkommen von 50 Goldscudi. Ausserdem
wohne er in einem Hause, welches in Rom 100 Dukaten mehr werth
sei als 200 dort und so mache er allen Verwandten und der Vaterstadt
Ehre. '„Ich bitte Euchf setzte er hinzu, „ge_ht zum Herzog und zur
Herzogin und berichtet ihnen dieses; denn ich Weiss, dass sie gern
vernehmen, wenn einer ihrer Unterthanen sich Ehre erwirbt und em-
pfehlt mich ihren Herrlichkeiten, wie ich mich auch stets empfehle."
Das Haus, von welchem Rafael spricht, lag im Borgo nuovo, in
der Nähe des Vatikans, war nach der Versicherung Vasari's durch
Bramantc in Form eines stattlichen Palastes erbaut worden, wurde
aber, als man im 17. Jahrhundert den Petersplatz vergrösserte, zer-
stört. Was den Bau von St. Peter betrifft, so wurde Rafael in der
That auf Bramante's Empfehlung nach dessen Tode mit der Oberleitung
des Baues beauftragt. In dem Breve vom 1. August 1514, welches die
Bestallung enthält, wird das von ihm ausgeführte Modell des Tempels
gerühmt und die Hoffnung ausgesprochen, dass der Künstler des in
seinem jugendlichen Alter erlangten Ruhms und guten Namens sich
würdig beweisen werde. Rafael hatte einen neuen Plan entworfen, in
welchem er an Stelle des von Bramante gewählten griechischen Kreuzes
das lateinische mit verlängertem Hauptschenkel setzte. Uebrigens
rückte der Bau während seiner Lebenszeit nur langsam vor , da man
vor Allem erst die. durch Bramante zu schwach angelegten Kuppel-
pfeiler verstärken musste. Dass Rafael auch sonst als Architekt einen
hervorragenden Rang einnahm, erkennen wir nicht bloss aus den herr-
lichen architektonischen Hintergründen seiner Bilder, namentlich der
Schule von Athen, sondern auch aus einer Anzahl von Palästen, die