und
Attila
Leo
295
fürsten mit Schwertern in den Händen, den Eroberer zur Umkehr
mahnend. Dieser, den die Krone auf dem Haupt kenntlich macht,
richtet wie vor Entsetzen erstarrt, den Blick auf die wunderbare Er-
scheinung und wendet sich mit beiden rückwärts geworfenen Armen
instinktmässig zur Umkehr. Diese leidenschaftliche Bewegung erhält
durch die Ruhe seines Schlachtrosses eine noch schärfere Betonung.
Auf der anderen Seite sieht man den Papst in prachtvollen Pon-
tiücalgewändern, mit der dreifachen Tiara gekrönt, auf seinem Zelter
heranziehen, den ein nebenher schreitender Hellebardier am Zügel
führt. Der Papst, der die Hand wie beschwörend emporstrcckt, trägt
die weichlichen Züge Leo's X. Wir sehen also, dass inzwischen Julius H.
gestorben und sein Nachfolger erwählt ist. Neben dem Papst und
hinter ihm reiten zwei Kardinäle auf Maulthieren, während etwas tiefer
im Hintergründe links drei weitere berittene Begleiter sich zeigen,
von denen der eine ein grosses Pontificalkreuz trägt. Auch hier ist die
Papstgruppe im Gegensatze zu der leidenschaftlichen Bewegung der
Hunnen voll feierlicher Ruhe und von treßflicher Wirkung, obwohl sie
diejenige im Heliodorbilde an grossartiger Würde nicht erreicht. Den
Hintergrund bildet eine reiche Landschaft mit den weltbekannten Ruinen
Roms, während rechts brennende Ortschaften den Weg des hunnischen
Heeres bezeichnen.
Merkwürdig ist nun ein Blatt in Oxford, welches die Kopie nach
einem früheren Entwurf zu diesem Bilde enthält. Die Seite der Hunnen
ist im Wesentlichen schon so, wie das Gemälde sie zeigt, nur dass in
den Rüstungen der Krieger die antike Form vorwiegt. Auffallend aber
ist, dass in der Papstgruppe noch nicht Leo X., sondern Julius H.
erscheint, der wieder auf seinem Sessel getragen wird. Begreiflich,
dass Rafael bei der Ausführung in der Gestalt Leo's X. dem neuen
Papst Rechnung tragen musste; begreiflich aber auch, dass er die
Gruppe zu einer Reitergruppe umschuf, denn er gewann dadurch ein
neues Motiv und wirkte um so kräftiger durch den Gegensatz dieser
sanft einherziehenden Cavalcade mit dem wilden Getümmel der hun-
nischen Reiter.
Aber es liegt uns ein noch früherer Entwurf für dieses Bild vor
in] der herrlichen Sepiazeichnung des Louvre (Br. 235), welche mit
Unrecht neuerdings dem Meister abgesprochen worden ist. Wer das
Blatt jemals selbst gesehen und geprüft hat, wird die Hand und den
Geist RafaePS darin nicht verkennen. Die Unterschiede der Composi-
tion von der des ausgeführten Bildes sind so gross und zeugen von so