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Buch.
Kapitel.
unter
Rafael
Julius
schreiber des Papstes ausgeführt. Ursprünglich auf dem Hauptaltar
von Araceli, wurde das Bild im Jahre" 1565 nach Fuligno in die Kirche
des Klosters delle Contesse übertragen, 1798 durch die Franzosen nach
Paris entführt, endlich 1815 zurückgegeben und in der Galerie des
Vatikan aufgestellt. (Fig. 64.) Maria ist auf Wolken thronend und
von einem Kranz von Cherubim umgeben dargestellt. Sie unterstützt
mit der Linken das in lebhafter Bewegung von ihrem Schoosse herab-
schreitende Christuskind, das sie ausserdem mit ihrer Rechten an einem
Bande halt. Die herrlichen Gegensätze in den Bewegungen der beiden
Figuren zeugen in ihrem köstlichen Linienspiel von der höchsten künst-
lerischen Freiheit. Unten steht zur Rechten der Madonna Johannes
der 'l'aufer, eine fast ekstatische Wüstengestalt, in das härene Gewand
gehüllt und mit der Rechten hinaufdeutend zu der himmlischen Er-
scheinung. Vor ihm kniet mit Inbrunst aufblickend der h. Franziskus,
in der Linken das Kreuz haltend und die Rechte mit dem Wundmal
ausstreckend. Ihm gegenüber auf der andern Seite kniet mit dem
Ausdruck der Frömmigkeit die redliche Gestalt des Stifters, von dem
hinter ihm stehenden ehrwürdigen Hieronymus der Madonna empfohlen.
Neben dem Stifter wird der Löwe des Heiligen sichtbar. Beide Grup-
pen werden durch einen entzückenden, Engelknaben verbunden, der
zwischen ihnen stehend und in beiden Händen eine Tafel haltend, auf-
wärts blickt. Den Hintergrund bildet eine Hügellandschaft mit einer
Stadt, auf welche eine Bombe niederfallt, während darüber ein Regen-
bogen sich ausspannt. Man bezieht dies auf eine Belagerung von Fu-
ligno, der Vaterstadt des Stifters. Das YVerk zeigt Rafael zum ersten
Mal auch in dem gross aufgebauten Andachtsbild als Meister der voll-
endet freien Kunst; in dem Adel, der einfachen Feierlichkeit und der
rhythmischen Lebendigkeit der Composition erkennt man den Einfluss
des monumentalen Stiles, in der gediegenen Farbenbehandlung, die mit
ihren feinen Tönen bei grosser Kraft der Durchbildung sich zu voller
Harmonie entwickelt, bewundert man nicht minder die volle Höhe
des Meisters.
Von gleicher Herrlichkeit ist ein anderes ungefähr gleichzeitig
entstandenes Altarwerk, die jetzt im Museum zu Madrid befindliche
nMadonna, del Pesee". (Fig. 65.) Man sieht die Madonna auf einem
wenig erhöhten Throne vor einem Vorhang sitzen, der als Wirksamer
Hintergrund für die Gestalt dient. Sie wendet ihren Blick huldvoll
auf den jungen Tobias, der mit dem Fische naht und von dem Erz-
engel Rafael zart herangeführt und empfohlen wird. Auch das Christus-