Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
Kapitel. 
unter Julius II. 
Rafael 
wir z. B. aus den Preisen, welche man zahlte. Während Andrea del Sarto 
für eins seiner grossen Freskobilder mit 6 Dukaten abgelehnt wurde, 
erhielt er für das Porträt des Dauphins von Frankreich 200 Dukaten, 
Selbst ein Meister kühnster Pinselführung wie Tizian schuf gelegent- 
lich in seinem Christus mit dem Zinsgroschen solch ein Werk feinster 
DetailausführungÄ Auch in Flandern gab es solche Kunstliebhaber, 
daher auch die köstlichen miniaturhaft vollendeten 'l'afeln; dagegen 
fehlten sie damals in Deutschland, und schon daraus erklärt sich die 
Schwäche der deutschen Malerei, welche erst Dürer und Holbein be- 
siegen konnten; aber um welchen Preis!  
Noch gehört in diese Zeit eine h. Familie des Museums zu Neapel, 
gewöhnlich als "Madonna del divino amore" bezeichnet. Die Madonna 
sitzt in den Trümmern eines antiken Gebäudes und blickt mit gerühr- 
tem Staunen und gefalteten Händen auf das Christuskind, das rittlings 
auf ihrem Schoosse sitzt und, von Elisabeth angeleitet, die Rechte zum 
Segnen gegen den vor ihm knieenden Johannes erhebt. Die Compo- 
sition ist von grosser Schönheit, lebendig und doch geschlossen, und 
nur der h. Joseph, der im Hintergrund unter den Ruinen lustwandelt, 
muss als müssige Zugabe bezeichnet werden, der noch mehr als in der 
Madonna von Loreto die Composition stört. Die Ausführung des Bildes 
ist von zartester Vollendung, klar im Gesammtton und dabei kraftvoll 
in der Modellirilng, in der Carnation mit feinem röthlichem Hauch. In 
derselben Galerie befindet sich auch der Originalkarton. Das Bild 
wurde für Leonello da Carpi gemalt, kam später nach Parma in die 
Galerie Farnese und zuletzt an den König von Neapel. Es gehört zu 
denjenigen Werken Rafael's, in welchen das Christuskind im Sinne 
religiöser Devotion den Mittelpunkt bildet. Manche verwandte Züge 
sprechen dafür, dass die schöne Composition der sogenannten „Madonna 
del passeggio", deren bestes Exemplar die Bridgewater-Galerie zu Lon- 
don besitzt, derselben Zeit angehört. In einer poetisch gestimmten, 
reich entwickelten Hügellandschaft sieht man die h. Jungfrau als eine 
stattliche Gestalt von vornehmer Anmuth lustwandeln. Sie hemmt den 
Schritt, da eben in stürmischer Zärtlichkeit der jugendliche Johannes 
naht, um dem Christuskinde seine verehrungsvolle Huldigimg darzu- 
bringen. Beide Knaben sind in reiferem Alter als gewöhnlich auf- 
gefasst, und so steht der junge Weltheiland, liebevoll vomdinken Arm 
der Mutter gehalten, ruhig da und erwiedert herzlich die stürmischen 
Liebkosungen seines Spielkameraden, auf dessen Kopf die Madonna 
gütig die Rechte legt. Auch hier sieht man wieder die sehr über-
	        
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