Buch.
Kapitel,
Kultur
Hochrenaissance.
tischen Genusses. Man muss immer wieder auf den Gegensatz von
Deutschland hinweisen, wo dieselbe geistige Strömung statt anmuthig
auf der Oberfläche des Lebens zu verweilen, in die Tiefe des Gewissens
hinabstieg und zur Neugestaltung des Glaubens, der Wissenschaft
und des sittlichen Lebens hindrängte. Als Luther 1510 ein gläubiger-
Pilger nach Rom kam und im Kloster bei Sta. Maria del Popolo ein-
kehrte, brauchte er nur in eben dieser Kirche seine Augen aufzu-
schlagen, um die köstlichsten Werke der neuen Kunst zu bewundern;
aber das Alles hat ihn offenbar wenig gerührt, er sah überall nur den
ngrossen Greuel des Papstthums", den unevangelisehen Prunk des
Statthalters Christi und der Kardinäle, die offenkundigen Laster der
Geistlichkeit, und ohne Zweifel haben diese Eindrücke dazu beige-
tragen, das reformatorische Werk in ihm zu reifen.
Fahren wir fort in unserer Umschau, so begegnet uns die No-
velle, die als eine der Lieblingsgattungen der Poesie bei den Italienern
schon seit Boccaccio die Richtung auf das Lascive festhielt. Auch sie
nimmt ihre Stoffe häufig aus der Fremde, vermischt in bunt phan-
tastischer Weise mittelalterliche Elemente mit antiken Anschauungen
und fügt dazu Stoffe aus der unmittelbaren Wirklichkeit, Alles aber
vorwiegend in frivoler und üppiger Tendenz. Ein durchgehender
Grundzug ist auch hier die beissende Satire gegen die Geistlichkeit,
deren Laster das beliebteste Thema schon bei Massuecio von Salerno
bilden. Noch ausgeprägter bei dem Florentiner Agnolo Firenzuola
(1548), bei dem die Helden der obscönsten Geschichten regelmässig
Priester, Mönche und Nonnen sind. ,Dabei ist es gewiss bezeichnend,
dass die schmutzigsten dieser Novellenschreiber, wie Firenzuola selbst,
Geistliche sind. So auch der verrufene Bandello (1480 bis 1562), der
nicht bloss Dominikanermönch war, sondern sogar zum Bischof er-
nannt wurde und in seinen drei Bänden Novellen sein nicht geringes
Talent der Beobachtung und Darstellung meist durch moralischen
Schmutz besudelt. Nicht minder bezeichnend ist, dass in jenen N0-
vellen, welche das Thema des durch die List der Frau hintergangenen
Ehemanns variiren, häufig am Schluss eine N utzanweisung gegeben und
Allen zur Nachahmung die Klugheit der Frau empfohlen wird, welche
den Schein der Ehrbarkeit zu wahren und doch ihre Gelüste zu be-
friedigen wisse!
Es ist nicht erfreulich, bei dieser Seite des damaligen italienischen
Geisteslebens länger zu verweilen; doch können wir unsere Bemer-
kungen darüber nicht schliessen, ohne jenes schamlosesten aller litera-