zur Disputä.
Studien
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Stand gesetzt, das erste Keimen, das allmähliche Reifen und Wachsen
seiner Composition zu verfolgen. Besonders betreffen diese Blätter die
untere Gruppe der linken Seite, die er mit grösster Gewissenhaftigkeit
durchgebildet hat. Der früheste von allen Entwürfen ist wahrschein-
lich die in der Windsorsanimlung enthaltene Sepiazeichnung (N0. 10).
Sie giebt die linke Hälfte des Bildes und zeigt neben einzelnen Mo-
tiven, welche später in das Bild mit aufgenommen wurden, wie oben
die anbetende Madonna, unten die herandrängenden Jünglinge und den
Hieronymus dazwischen auf der mittleren Wolkenschicht, die ersten
Keime der nachmals so herrlichen I-Ieiligenreihe, daneben ebenso viele
Motive, die er später verworfen hat. Am merkwürdigsten ist, dass er
die Darstellung mit einem hohen offenen Portikus auf Säulen und
Pfeilern einfassen wollte. Auf das Gebälk desselben stellte er ganz
vorn zwei Engel, welche an Schnüren das an die vordere Säule ge-
bundene päpstliche Wappen halten. In die Oeffnung der Halle stellte
er sodann eine weibliche Figur mit wehendem Mantel, deren Haupt-
motiv er später in dem schönen blondlockigen Jüngling festgehalten hat.
Das Erste in der Weiterbildung der Idee war offenbar die Be-
seitigung des coulissenartigen Portikus, wodurch die Darstellung ohne
Frage das unbegrenzt Freie und Weite erhalten hat, welches sie aus-
zeichnet. Ein Blatt in Oxford enthält dagegen die Darstellung der
himmlischen Region in einer bereits weiter entwickelten Form, die
sich indess noch an jenen ersten Entwurf anlehnt. Auf beiden Blättern
erscheinen neben der Madonna zwei Heilige, so dass anfänglich offenbar
eine Anordnung von zwei Reihenfolgen beabsichtigt war. Man sieht,
wie erst allmählich sich die spätere, ungleich schöner gegliederte An-
ordnung entwickelte. Üngleich weiter durchgebildet erscheint die un-
tere Partie der linken Seite auf einer Federzeichnung im Louvre
(Br. 279), der dann die herrliche Nacktstudie des StädePschen Instituts
zu Frankfurt unmittelbar folgt. Hier sind als die wesentlichen Haupt-
punkte die beiden sitzenden Kirchenväter und unmittelbar neben ihnen
die Gruppe der drei herandrängenden Jünglinge, endlich im Vorder-
grunde vier stehende, lebhaft bewegte Gestalten zu beachten. Den
bedeutendsten Fortschritt bildet sodann die Sepiazeichnung der Albertina
(Br. 173), welche schon in früheren Zeiten häufig kopirt wurde (Am-
brosiana 126. Üflizien 498). Hier begegnet uns zuerst das grossartige
Motiv der zwischen den Kirchenvätern und den folgenden Gruppen
eingeschobenen Mannesgestalt, und ebenso der auf die Gruppe der
Knieenden folgende Jüngling. Damit waren die beiden I-Iauptpfeiler