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III.
Buch.
Kapitel.
d er
Kultur
itul
Hochrenaissance.
Fusse folgte. Was wollte dagegen die steifbeinige Ehrbarkeit von
Trissino sagen, der in seiner „Italia liberata" sich mühsam in den
gelehrten Geleisen des klassischen Alterthums bewegt. Tasso's grosscs
Heldengedicht dagegen steht in seiner ernsten religiösen Richtung
schon unter dem EinHuss der Gegenreformation und fällt daher nicht
mehr in den Rahmen dieser Betrachtung.
Vielleicht noch klarer enthüllt uns das Schicksal des Drama's
in Italien den Geist jener Epoche. Was zunächst die Tragödie be-
trifft, so beginnt sie mit vielvcrsprechenden Anfangen, die aber bald
durch die überwiegende Nachahmung der Alten auf unfruchtbare Irr-
wege ausmündcn. Man wird in Trissino's „Sofonisba", dem ersten
und zugleich dem bedeutendsten Trauerspiel des 16. Jahrhunderts, eine
entschiedene Begabung für Schilderung tragischer Conflikte nicht ver-
kennen. Vor Allem ist der Charakter der Heldin trefflich gezeichnet,
_und einzelne Scenen, so namentlich ihr Abschied von den Ihrigen,
'sind voll achter Poesie. Ebenso fehlt es in den Chorgesängen nicht
an schwungvoll lyrischen Stellen; aber das Ganze leidet doch an übel-
verstandener Nachahmung der Griechen; der Chor selbst mit seinen
ungebührlich die Handlung retardirenden, meist überflüssigen Expck-
torationen, die endlos weitläufigen Erzählungen, die übermässige An-
wendung von Boten, welche die umständlichsten Nachrichten bringen,
das Alles verkümmert den ächt poetischen Gehalt des Werkes. Noch
viel sklavischer begiebt sich Giovanni Rucellai mit seinem "Orest"
in die Abhängigkeit der griechischen Tragiker, und was desselben
Verfassers nRosmundaa betrifft, so greift diese zwar in ein roman-
tisches Stoffgebiet (älteste Longobardenzeit), fällt aber damit in jene
Schauer- und Gräuelwelt, in deren stets zunehmenden Blutlachen alles
acht tragische Leben erstickt ward. Wie weit diese Verirrung gehen
sollte, beweist unter vielem Andren Martellfs DTuIIia", die als ab-
schreckendes Scheusal über die Bretter tobt. Die Nation vermochte
sich für solche Tragödien nicht zu begeistern, die häufig nicht einmal
zu einer Aufführung gelangten. Weit mehr kam der verweiehlichte
Sinn" der höheren Klassen den Schälferdichtungen wie Sannazards
nlärcadia" entgegen; aber den höchsten Reiz gewährte doch das Lust-
spiel, in welchem man von Üebersetzungen und Nachbildungen der
Komödien des Plautus und Terenz ausging, bald aber den obscönen
Inhalt der derbsten antiken Stücke noch weit überbot. Ein Beispiel
davon fanden wir schon in Bibbienafs Calandra; aber selbst strenge
Staatsmänner und ernste Geister verschmähten es nicht, sich gelegent-