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Buch.
Kapitel.
BafaeFs
Jugend.
setzen sein, das wohl sicher als eigenhändig anzuerkennen ist, obwohl
es so sehr gelitten, dass ein bestimmtes Urtheil kaum noch möglich
scheint. Es giebt uns aber eine lebendige Vorstellung von dem seelen-
vollen Zauber, der diesen anmuthigen Jünglingskopf verklärt. (Fig. 57).
Dagegen muss das Brustbild der Maddalena Doni in der Tribuna der
Üffizien als ein Hauptwerk und Wahrscheinlich als das früheste seiner
uns bekannten Porträts gelten. Es erscheint von einer zarten Anmuth
und hat in Auffassung und Behandlung noch einen umbrischen Anklang,
wie es denn in dieser Hinsicht an das Selbstporträt Perugino's erinnert.
Die schlichte Treue der Auffassung, die Feinheit der Durchführung
entsprechen dem florentinischen Lebensgefühl. Dieselbe Dame und
ihren Gemahl Angelo Doni finden wir dann in den bekannten Porträts
der Galerie Pitti, und zwar von solcher Vornehmheit der Auffassung,
dass hier schon der Abschluss der Horentinischen Zeit vorliegt. In
dem männlichen Bildniss hat die Anordnung der Hände noch etwas
Gezwungenes, aber der Kopf ist von unvergleichlicher Wärme der
Auffassung und von einer Macht der tiefbräunlichen Karnation, die an
Werke Franciafs erinnert. Dass Rafael auf einem Ausiiuge nach B0-
logna damals diesen edlen Meister kennen gelernt hat, leidet keinen
Zweifel. Noch etwas strenger, selbst nicht ohne einen Anldug von
hausbackenem Wesen und doch durch die schlichte Treue der Auf-
fassung und die wunderbare an Lionardo erinnernde Durchbildung von
fesselndem Reiz ist das weibliche Bildniss. An das Porträt der Mona
Lisa gemahnt in der That die Haltung und die Anordnung der Hände,
aber der kühle fast nüchterne Ausdruck des Kopfes, dessen Typus an
die damaligen Madonnen Rafael's erinnert, hat nichts von der verführe-
rischen Süssigkeit und dem gesteigerten Wesen lionarddscher Frauen-
köpfe. Eine zierliche Landschaft bildet bei beiden Porträts den Hinter-
grund. Auch das Frauenporträt der Galerie Pitti Nr. 229, Welches
unter dem Namen der „Donna gravida" bekannt ist, verräth in Haltung
und Durchführung soviel Verwandtschaft mit der Maddalena Doni, dass
an RafaePs Urheberschaft wohl nicht zu zweifeln ist. Aus verwandter
künstlerischer Stimmung ist die köstliche Federzeichnung im Louvre
(Br. 255) hervorgegangen, welche in Haltung und Auffassung wiederum
den Einfluss der Mona Lisa verräth. Endlich gehören die beiden aus-
drucksvollen Mönchsbildnisse in der Akademie zu Florenz ohne Zweifel
seiner ersten florentinischen Zeit an.
Neben allen diesen einfacheren Werken sollte Rafael nun noch
vor seinem Abgange nach Rom auch im feierlich aufgebauten Altar-