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Buch.
Kapitel.
Jugend.
RafaePs
der Galerie daselbst, bietet verwandte Anklänge. So kann man sagen,
dass die beiden Heiligen in diesem merkwürdigen Bilde als Repräsen-
tanten des Horentinischen und des umbrischen Typus dastehen. Wäre
die Jahrzahl 1507 bei diesem Werke nicht verbürgt, man würde ge-
neigt sein, es in den Anfang der ilorentiner Zeit, etwa 1595, zu setzen.
Der junge Künstler schwebt mehr als je zwischen beiden Polen, hat
aber auch hier mit Erfolg nach tieferer Durchbildung gestrebt und aus
den wenigen Gestalten eine schön im Raum vertheilte, edel aufgebaute
Gruppe gebildet. Von den dazu gehörigen Predellenbildern befindet
sich das Mittelstück mit der Predigt Johannes des Taufers angeblich
im Besitze des Marquis von Lansdowne zu Bowood.
Eine ähnliche Stufe bezeichnet das grosse Altarwerk, welches
Rafael im Jahr 1505 für die Nonnen von St. Antonio zu Perugia aus-
zuführen hatte. Es ist wieder eine thronende Madonna, die in ruhiger,
fast feierlicher Haltung das Christuskind auf dem Schoossc hat, Welches
auf den Wunsch der Nonnen mit einem Hemdchen bekleidet ist und
das Händchen segnend gegen den kleinen Johannes erhebt, der mit
dem Ausdruck der Anbetung heranschreitet. Zu den Seiten des Thrones
stehen die mächtigen Gestalten der Apostelfürsten, in ihrem breiten
Gewandwurf auf Einflüsse Fra Bartolommeds hindeutend; hinter
ihnen in anmuthiger ewegung Dorothea und Katharina. Die Lünette
über dem Bilde enthält die Halbtigur Gottvaters, in der. Linken die
WVeltkiigel haltend, die segnende Rechte erhoben; ein Motiv, das in
dieser Form Perugino geschaffen und mehrfach verwendet hat. (Studien-
blätter dazu in Lille und Oxford.) Zwei Engel in bauschig flatternden
Gewändern füllen anbetend die beiden Seiten des Halbrunds. Das
Werk, ehemals im königlichen Palaste zu Neapel, jetzt im Besitze des
Herzogs von Ripalda, aber im Depot der Nationalgalerie zu London
aufbewahrt, zeigt wiederum, wie Rafael den feierlich traditionellen
Aufbau der Altarwerke durch hohe Würde undifreie Anmuth zu be-
leben sucht. Die Predellenbilder sind in englischen Privatbesitz ver-
streut. Christus am Oelberg bei Mr. Rogers in London, die Kreuz-
tragung in Leight Court und die Pieta in Barren Hill. Eine
Bisterzeichnung nach der Kreuztragung, in den Üffizien (Br. 511) auf-
bewahrt, bezeugt die dramatische Lebendigkeit, mit welcher er schon
damals solche Scenen" behandelte. Zwei als Türken gekleidete Reiter
eröffnen den Zug; dann folgt der von den Schergen vorwärts gerissene,
unter der Last des Kreuzes fast zusammenbrechende Heiland, welchem
Joseph von Arimathia mitleidig zu Hülfe kommt; den Abschluss bildet