zu Blenheim.
Ansidei
Madonna
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Engel in kurzen Röckchen, auf kleinen Wölkchen balancirend, füllen
die Ecken des Bogens. YVeiter unten sieht man zu beiden Seiten,
ebenfalls auf Wolken thronend, je drei herrliche Gestalten von Heiligen,
wie in tiefes Sinnen über das Dogma der Dreieinigkeit versenkt. Un-
verkennbar hat Rafael hier den Einiluss des Jüngsten Gerichtes von
Fra Bartolommeo erfahren, seine Composition ist gleichsam ein Auszug
jenes Bildes in Sta. Maria nuova (S. 157); den edlen Aufbau, die per-
spektivische Anordnung im Raum, das Componiren nach grossen, rhyth-
misch bewegten Massen hat er vom Frate gelernt. Im Einzelnen em-
pfindet man hie und da noch einen Nachklang der umbrischen Kunst,
aber in der klaren Grösse des Faltenwurfs, in der volleren Charak-
teristik der Gestalten, kurz, in Allem, Worin sich die Selbständigkeit
Rafaels kundgiebt, merkt man den wunderbaren, alles verklärenden
Schönheitssinn des jungen Meisters. Wie dies Bild der Keim ist, aus
welchem sich die Disputa entwickeln sollte, werden wir später sehen.
Das Werk hatte leider schon früh starke Beschädigungen und Üeber-
malungen erlitten, namentlich war die Gestalt Gottvaters völlig ver-
schwunden. Neuerdings ist es vollständig übermalt worden. Die unten
jederseits stehenden drei Heiligen sind ein schwacher Zusatz Peru-
g1no's.
YVie sich damals in RafaePs künstlerischer Entwicklung umbrische
und florentinische Einflüsse kreuzten und mischten, erkennt man auch
aus den übrigen Schöpfungen jener Zeit. S0 zunächst aus der für die
Servi zu Perugia gemalten, jetzt zu Blenheim beündlichen thronenden
Madonna, nach der Stifterfamilie die Madonna Ansidei genannt. In
einer einfachen Bogenhalle ist ein mit Pilastern eingefasster Renaissance-
thron aufgeschlagen, auf welchem die Madonna mit dem Kinde auf dem
Schoosse sitzt. Sie hält in der Linken das Gebetbueh, auf welches
sie sinnend niederblickt, während das Christuskind in ruhiger Haltung
ebenfalls darin lesen zu wollen scheint. Neben dem Throne steht
rechts, gleichfalls in einem Buche lesend, der h. Nicolaus, eine feier-
liche Gestalt in grossartig drapirtem Bischofsmantel, eine äeht floren-
tinische Inspiration, links Johannes d. T. in seinem härenen Gewande,
über welchesein Mantel geworfen ist. Seine Stellung mit stark vor-
geschobenem rechten Fuss, während das linke Bein als Standbein be-
handelt ist, erinnert ebenso wie sein inniger Auiblick zur Madonna an
Gestalten Perugino's, wie denn unverkennbar die Composition Anklänge
an die thronende Madonna dieses Meisters im Vatikan enthält. Auch
die schöne Altartafel Spagneüs aus S. Girolamo zu Perugia, jetzt in