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III.
Buch.
Kapitel.
RafaePs
Jugend.
später in. der Sammlung Karl I. und ist heute in der Ermitage zu
Petersburg. Den ungemein geistreich mit der Feder ausgeführten
Entwurf dazu sieht man in den Uffizien (Br. 506). Der jugendliche
Ritter, eine schlanke, elegante Gestalt, an dessen Knie man den Hosen-
bandorden bemerkt, hebt sich straff im Steigbügel und stösst seine Lanze
mächtig dem am Boden sich in TOÖGSZUCkIIIIgGII windenden Unthier in
den Leib. Die Wucht des Angriffs, die Lebendigkeit in der Bewegung
des feurigen Schimmels, der den heiligen Streiter trägt, die frappante
Natürlichkeit des Drachen, der mit den furchtbaren Tatzen Vergeblich
zur Vertheidigung ausholt, endlich das innige Flehen im Ausdruck der
im Hintergründe rechts knieenden Prinzessin, das alles kann nicht
schlagender geschildert werden. Die Ausführung des Bildchens in ihrer
miniaturhaften Vollendung und dem klaren, doch kräftigen Kolorit zeugt
wie die Composition von der Wirksamkeit der florentinischen Einflüsse.
Auf dem Brustriemen des Pferdes brachte Rafael seinen Namen an.
Um dieselbe Zeit muss Rafael einen kürzeren oder längeren
Aufenthalt in Siena gemacht haben, wahrscheinlich auf Veranlassung
Pinturicchids, der, wie wir wissen, sich verbindlich gemacht hatte,
für den Kardinal Piccolomini die Libreria des dortigen Doms mit
Gemälden aus dem Leben des Aeneas Sylvius zu schmücken (I, 441
Pinturicchio, der, wie die ganze umbrische Schule, sich ausschliesslich
in religiösen Stoifkreisen bewegt hatte, mochte sich der Aufgabe nicht
völlig gewachsen fühlen. Er zog daher den jungen Rafael, welchen
er bei Perugino kennen gelernt hatte, zur Mithülfe heran. Wenn der-
selbe auch nicht, wie Vasari erzählt, ihm sämmtliche Zeichnungen und
Kartons dafür gearbeitet hat, so scheinen doch einige der noch vor-
handenen Entwürfe von RafaePs Hand herzurühren. Dahin gehört des
Aeneas Sylvius Abreise zum Baseler Concil und die Vermählung Kaiser
Friedrichs, jene in den Ufflzien zu Florenz (Br. 510), diese in Casa
Baldeschi zu Pe rugia, beide an Lebendigkeit und Anmuth den Ge-
mälden überlegen. Ferner in Chatsworth die Ernennung des Aeneas
Sylvius zum Legaten, ebenfalls von grosserLebendigkeit, dagegen die
Skizze in der Brera (Br. 5) nur eine schwache Kopie oder überhaupt
ein Entwurf von geringerer Hand. Auch einzelne Figurenstudien von
RafaePs Hand finden sich in den Üfiizien, in Venedig und zu Oxford.
Ein weiteres Zeugniss für den damaligen Aufenthalt RafaePs in Siena
würde die Zeichnung in der Akademie zu Venedig (Br. 145) liefern,
auf welcher die antike llfarmorgruppe der Grazien, welche schon
damals sich in Siena befand, in sehr schüchternen Federstrichen wieder-