Michael
Der kleine S.
und
Georg-
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in ähnlicher Weise ausgeführte, jetzt im Louvre befindliche Bild-
chen von ähnlicher Zartheit und Anmuth gehören hieher. Sie stellen
St. Michael und St. Georg dar, und wurden von Rafael gegen T1504
für den Herzog von Urbino, wie man annimmt, gemalt. Sie knüpfen
sich an ein entscheidendes Ereigniss im Leben desselben. Cesare
Borgia hatte einen verrätherischen Einfall in das Herzogthum Ürbino
gemacht, so dass Guidobaldo in Schleuniger Flucht sein Leben retten
musste. Erst durch den plötzlichen Tod Alexander's VI. am 17. August
1503 wurde dessen ruchloser Sohn seiner Macht beraubt und Ürbino
seinem Herzog zurückgegeben. An diesen Sieg des Guten über das
Böse sollten die beiden Bilder erinnern. Zum ersten Mal versucht
sich hier Rafael an dramatisch bewegten Stoffen, bei deren Gestaltung
vielleicht die heftigen Parteikampfe in Perugia, deren Zeuge er ge-
wesen war, in seiner Phantasie mitgewirkt haben. Der Erzengel
in goldner Rüstung, einen weissen Schild mit rothem Kreuz am Arm,
erhebt die Rechte mit dem Schwert gegen eins der Ungeheuer, welche
ihn rings umgeben. Die brennende Stadt im Hintergründe ist eine
Reminiscenz an die Stadt des Zorns in Dante's Inferno, ebenso wie
die Männer in Bleikappen und die von Schlangen und Drachen ge-
quälten Verbrecher. Fein und zart im Ton, dabei in Ausdruck und
Bewegung ungemein lebendig, findet das kleine Bild ein würdiges
Gegenstück an dem h. Georg, der in blinkendem Stahlpanzer auf feu-
rigem weissem Ross ein drachenartiges Ungethüm, an dessen Schuppen-
leib die Lanze zersplittert ist, mit gezücktem Schwert angreift. Die
trefflich bewegte Figur ist vielleicht eine Erinnerung an Astorre
Baglioni, der bei einem jener heftigen Strassenkampfe, die damals
durch die Stadt tobten, in goldschimmernder Rüstung hoch zu Ross
herheisprengte, und dem achtzehnjährigen Simonetto Baglioni zu Hülfe
kam, der mit einem kleinen Häuflein eine Uebermacht der Feinde
tapfer bekämpft hatte und mit mehr als zwanzig Wunden bedeckt
hingesunken war. Im Hintergründe, in anmuthiger Frühlingslandschaft,
sieht man die fliehende Prinzessin, welcher der Ritter zu Hülfe kommt.
Auch dieses Bild ist von einer fast miniaturartigen Ausführung, in der
Bewegung indess vielleicht nicht ganz so lebendig wie das erstere.
Noch einmal stellte Rafael den h. Georg in einem ähnlich kleinen
Bildchen dar, welches er etwas später für den Herzog von Urbino
ausführte. Dieser bestimmte dasselbe als Geschenk für König Hein-
rich VII. von England, der im Jahr 1506 dem Herzog den Hosen-
bandorden verliehen hatte. Das köstliche kleine Werk befand sich