Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Familie. 
Kindheit und 
RafaeFs 
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keiten zwischen seiner zänkischen Stiefmütter und seinem habsüchtigen 
Oheim Don Bartolommeo bezeugen, widerlegt. Auch hätte Rafael 
damals das Haupt der umbrischen Schule nicht in Perugia, sondern in 
Florenz suchen müssen, wo sich Perugino bis gegen Ende des Jahr- 
hunderts aufhielt. 
Die Frage nach dem Stande der Entwicklung des zwölfjährigen 
Rafael liegt nahe. Ohne Zweifel hat er die ersten Eindrücke und 
Anregungen zur Kunst in der Werkstatt seines Vaters empfangen. 
Spielend mag er sich dort schon früh im Zeichnen geübt haben. Gio- 
vanni Santi war kein hervorragender, aber ein tüchtiger, achtungs- 
werther Künstler, dessen Bilder zum Theil jetzt noch in Urbino vor- 
handen sind. Mit lebhaftem Interesse wird der hochbegabte Knabe 
der Entstehung dieser Werke zugeschaut haben; ihn aber zum Gehülfen 
seines Vaters zu machen, wie es mehrfach geschehen, ist eine aben- 
teuerliche Idee. Gewiss hat auch der kleine Rafael die übrigen Künstler, 
welche damals in Urbino thätig waren, darunter namentlich Timoteo 
Viti, in ihren Werken kennen gelernt. Auch das bedeutende Altarbild 
des Justus von Gent, früher in S. Agata, jetzt in der städtischen Galerie, 
wird seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen sein. Aber diese ersten 
Eindrücke für den spätern Entwicklungsgang seines Genius verwerthen 
zu wollen, ist völlig müssig. Ebenso wenig können wir mit Gewissheit 
sagen, bei wem er in Urbino nach seines Vaters Tode in die Lehre 
getreten sein mag, obwohl auf Timoteo Viti als den bedeutendsten 
der dortigen Meister am ersten zu rathen wäre. Völlig unhaltbar ferner 
ist die Ansicht, dass in einer Anzahl von Blättern, welche die Akademie 
zu Venedig bewahrt, Zeugnisse seiner damaligen Studien zu erkennen 
seien. Es sind Brustbilder berühmter Männer des Alterthums, wie 
Homer, Anaxagoras, Plato, Aristoteles, Virgil, Cicero, Seneca, kräftig 
mit der Feder gezeichnet, und in gekreuzten Strichlagen schattirt. 
Diese Studien sind offenbar nach den Phantasieporträts gemacht, welche 
Herzog Friedrich durch irgend einen flandrischen Meister, nicht wie 
man wohl geglaubt hat, durch Melozzo da Forli, für seine Bibliothek 
hatte malen lassen, jetzt zum Theil im Palazzc Barberini zu Rom, 
zum Theil mit der Campanafschen Sammlung im Louvre befindlich. 
Aber die Behandlungsweise dieser Blätter entfernt sich so weit von den 
sicheren Arbeiten aus RafaePs frühester Zeit, dass sie ihm entschieden 
abgesprochen werden müssen. Indess dürfen wir uns vorstellen, dass 
die herzogliche Familie mit Interesse an dem liebenswürdigen Knaben 
und seiner Entwicklung Theil nahm, und dass ihm der Zutritt zum
	        
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