Buch.
K u p
Kultur
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renaissunce.
durch ihre unmittelbare Anlehnung an klassische Vorbilder und durch
die Aufnahme der lateinischen Sprache, in der man das Ausdrucks-
mitteP für alles Höhere verehrte, einen einseitig gelehrten Zuschnitt
erhalten hatte, gegen welchen sich freilich Einzelne, wie Lorenzo de,
Medici zu Gunsten der Vulgärsprache und eines populareren Inhalts
auflehnten, so entwickelt sich bald nach dem Beginn des 16. Jahr-
hunderts eine nationale Literatur von eigenthümlicher Mannigfaltigkeit
und Üeppigkeit. Von der Lyrik mit den Tausenden von Sonetten
und Madrigalen ist am Wenigsten zu sagen, da in diesen eng begranzten
Gattungen die Versuchung zu gezierter und geschraubter Ausdrucks-
weise zu nahe lag. Und doch ist hier schon die Meisterschaft in
Beherrschung der Form hewundernswerth und beweist am besten, dass
das formale Talent in den Italienern eine allen andern Nationen hoch
überlegene Ausbildung erlangt hatte. Auch fehlte es nicht an einzelnen
Dichtern, welchen, wie Serafino d'Aquila manches einfach Schöne im
ächten Ton des Volkslieds gelang.
Zu diesen Ausnahmen darf man auch Vittoria Colonna und
Michelangelo zählen. Hier ist wahre Empfindung, tief gesättigter
Gedankengehalt, Adel der Seele und kräftiger Wohllaut des Ausdrucks.
Für Vittoria wurde der frühe Verlust ihres ritterlichen Gemahls,
Ferrante d'Avalos, Marchese von Pescara, der Quell der Dichtung. Ein
achter Schmerz giebt ihr jene clegisehen Klagen ein, die so ergreifend
aus ihren Versen uns entgegentönen. Immer mehr wendet sie sich
dann einer fast ascetischen Stimmung zu, die nur im Anschluss an
das ewige Heil den Frieden findet. Einen ähnlichen Entwicklungsgang
wie die von ihm innig geliebte Frau nimmt die verwandte Gemüths-
stimmung Michelangelds. Wie weiss er in seinen früheren Gedichten
das Sehnen einer unerfüllt gebliebenen reinen Liebe zu schildern! Wir
citiren nach der Üehersetzung von Sophie Hasenclcver:
"Was treibt mich mit Gewalt zu deinen Füssen;
O weh mir Armen, wehe!
Da Bande nicht den freien Leih umwinden,
Kannst ohne Ketten du in Ketten schliessen,
Kannst ohne Hände du und Arme binden,
Wo wen? ich Schutz vor deinem Antlitz finden?"
wer wird nicht ergriifen
in dem schönen Sonett:
Und
Hin gebung
VOD
dem
Ausdruck
glühender
Was ist es, das die Seele mir entzündet?
Ahn' ich der Gottheit Glanz, die Strahlen
krönen,