Pontormo.
Spätere
Arbeiten.
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jetzt in der Galerie der Uffizien; zwei andere scheinen sich in der
Sammlung des Lord Cowper zu Panshanger zu befinden. Sie leiden
sämmtlich an manieristischer Uebertreibung und flüchtiger Zeichnung,
die durch den stumpfröthlichen Ton des Kolorits noch unangenehmer
auffällt. Am empündlichsten wirken die geistige Leere und der hohle
Manierismus bei den Andachtsbildern; so sieht man im Louvre eine
h. Familie, und zwar Maria auf dem Schooss der h. Anna sitzend und
das Christuskind haltend, zu den Seiten mehrere Heilige, ein Werk
ohne Empfindung, übertrieben in den Formen und in einem unharmo-
nischen Kolorit mit gebrochenen Tönen durchgeführt. Dagegen lässt
sich wenigstens eine gewisse zierliche Sorgfalt der Behandlung seinen in
kleineren Figuren entworfenen Bildern nachrühmen; so in den Uffizien
das Marterthum der thebaischen Legion, die Geburt Johannis des
Täufers und die Vertreibung aus dem Paradiese. Dass Pontormo, wie
die meisten gleichzeitigen Künstler, vielfach dem Einfluss Michelangelds
erlag, ist bei einer schwankenden Natur wie die seinige begreiflich.
Gelegentlich führte er wohl Compositionen des grossen Meisters aus;
so das in den Uffizien befindliche Bild einer Venus, welche von Amor
geliebkost wird, in der Grösse der Formen und dem originellen, aber
gewaltsamen Motiv der Bewegung unverkennbar eine Schöpfung Buo-
narroti's. Eine Wiederholung im Museum zu Berlin scheint von ge-
ringerer Hand. Noch bezeichnender für das schwankende Naturell
Pontormds ist, dass er, als ihm der Auftrag wurde, für die Certosa
bei Florenz das Leiden Christi in einem Freskencyklus darzustellen,
sich der Dürefschen Kupferstich-Passion als Vorlage bediente und
nicht bloss den Compositionen, sondern, wie Vasari tadelnd hervorhebt,
sogar der Formgebung des deutschen Meisters im Charakter der Köpfe
und dem Stil der Gewänder sich anschloss. 'Die Fresken selbst sind
längst imtergegangen.
Während so bei idealen Aufgaben die llorentinische Kunst rasch
dem Verfalle zueilte, ist es bezeichnend, dass sie im Bildnissfach, wo
die einfache Hingabe an die Natur und die treue Abspiegelung der-
selben den Künstler länger vor Verirrungen schützt, immer noch Aus-
gezeichnetes leistete. In der That gehören Pontormds Porträts zu den
besten Arbeiten dieser Zeit und machen sich durch schlichte Auffassung,
correkte Zeichnung und ein tiefes, Warmes, harmonisches Kolorit bemerk-
lich, Das Museum zu Berlin besitzt von seiner Hand ein tüchtig gemaltes
Brustbild seines Lehrers Andrea del Sarto; in der Galerie Pitti sieht
man das Bildniss Ippolitds de' Medici, ausserdem ein anderes männ-
Lübke, Itzllißn. Malerei. II.