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Kapitel.
übrigen Florentinel".
alten Kaufhalle und am Palazzo del Podesta zu malen, ebenso wie
früher Andrea del Castagno den nämlichen Auftrag erhalten hatte.
Diese Fresken sind indess früh untergegangen, und nur die mit Roth-
stift entworfenen Originalskizzen befinden sich in der Sammlung der
Üffizien. Trotz der unverkennbaren Elastizität, mit Welcher Andrea
seinem künstlerischen Berufe lebte, müssen doch die schweren Zeiten
der Belagerung und der Einnahme von Florenz auch auf ihn gedrückt
haben, um so empfindlicher vielleicht, da er sich sagen musste, dass
er durch eigene Schuld seine glänzende Stellung in Frankreich ver-
scherzt hatte. Hungersnoth und Seuchen wütheten in der Stadt, und
als nach der Üebergabe das Belagerungsheer eindrang, brachte es die
Pest mit. Andrea wurde von der Krankheit ergriffen, der er um so
Weniger widerstehen konnte, als sein Körper während der schlimmen
Zeiten der Belagerung durch Entbehrung geschwächt War. Die Frau,
der er die Ruhe und das Glück seines Lebens geopfert hatte, blieb
ihm aus Furcht vor der Seuche möglichst fern, und so starb er fast
unbeachtet, kaum dreiundirierzigjährig am 22. Januar 1531. Ohne
Gepränge wurde er still in der Annunziata, die er mit so köstlichen
Werken verherrlicht hatte, beerdigt.
Die Hotte Leichtigkeit einer im Fresko wie im Oel gleich vir-
tuosenhaften Behandlung, welche schon die späteren Arbeiten Andrea's
bisweilen etwas leer erscheinen liess, immer aber noch durch seine
grosse Lebendigkeit auf der Höhe künstlerischer Empündung gehalten
wurde, konnte nicht verfehlen, auf seine Schüler und Nachahmer einen
verhängnissvollen Einfluss zu üben. Es begann eine Schnellmalerei,
bei welcher nur zu bald Ernst der Auffassung, Strenge der Zeichnung,
Gediegenheit der Durchbildung sich verflüchtigten. Aber selbst das
Kolorit verlor bald Kraft, Glanz und Harmonie und machte einer
schillernd unruhigen, bunten, unerfreulichen Flauheit der Töne Platz.
Der Manierismus zog unaufhaltsam herein.
Wir verzichten darauf, die Krankheitsgeschichte der absterbenden
Kunst zu schreiben, und heben von den Schülern und Nachfolgern
Andrea's, unter welchen Vasari mehr Wegen seiner hochverdienstlichen
Künstlerbiographien als wegen seiner Gemälde einen Platz verdient,
nur Jacopo Carucci oder da Pontown-o (auch Puntormo) hervor, wie
er nach seinem Geburtsorte genannt wird. In diesem kleinen Flecken,
auf der Strasse von Florenz nach Pisa gelegen, wurde Jacopo im
Jahre 1493 geboren, und da seine Eltern früh starben, wurde er von
der Grossmutter in seinem dreizehnten Jahre nach Florenz gebracht,