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übrigen Florentiner.
aufwärts, die Arme ausbreitend und das schöne Antlitz andächtig nach
oben gewendet. Neben ihr stehen mehrere Engelknaben auf Wolken,
welche die Gruppe bereichern, aber ihr etwas von dem Charakter leichten
Aufschwebens rauben. Eine andere Schilderung desselben Gegenstandes,
ehemals in St. Antonio zu Oortona, jetzt in derselben Sammlung unter
Nr. 225 aufgestellt, bietet eine freie Umgestaltung der Composition
und ist ebenfalls durch (luftigen Farbenschmelz ausgezeichnet. Die
Vergleichung beider Meisterwerke zeigt, dass der Künstler mit der
Hauptgruppe es sich leicht gemacht hat, indem er dieselbe im Wesent-
liehen Wiederholt. Dies gilt namentlich von der ausdrucksvollen Gestalt
des Johannes. Die Apostel hat er etwas dichter zusammengedrängt,
um den Nicolaus von Bari und eine heilige Matrone als Knieende in
den Vordergrund zu bringen. Dem ersteren giebt er dasselbe Motiv
wie der entsprechenden Figur des vorher besprochenen Bildes; wie
jene, stützt auch diese sich auf ein Buch und wendet sich gegen den
Beschauer. Ungleich schöner ist die Gruppe der Madonna, die im
wonnigsten Schweben von leicht beschwingten Engeln hinaufgetragen
wird. Aehnliohe Schönheit des Kolorits und gleiche Lebendigkeit der
Auffassung zeigen endlich fünf einzelne Heiligenbilder, die sich jetzt
im Ohor und Querschiff des Doms zu Pisa befinden.
Um dieselbe Zeit, als alle diese trefflichen Werke entstanden
und Andrea zugleich in der Madonna del sacco sein Meisterstück im
Fresko schuf, erhielt er durch Ottaviano de' Medici den eigenthüm-
liehen Auftrag, für den Markgrafen von Mantua das berühmte Porträt
Leo's X. von Rafael zu copiren. Gonzaga, der das Bild in Florenz
gesehen hatte, wünschte das Original zu besitzen und wandte sich mit
dieser Bitte an Olemens VII. Die schlauen Medici entschlossen sich,
um das hochgeschätzte Original zu behalten, zu einer Täuschung des
Markgrafen und schickten ihm eine von Andrea del Sarto meisterlich
ausgeführte Kopie, die sich jetzt im Museum zu Neapel beündet,
wo man sie für das-Original RafaeYs ausgiebt. Als Vasari kurze Zeit.
nachher Mantua besuchte, führte Giulio Romano ihm das Bild als
Original RafaePs vor, und als dieser, der den Sachverhalt genau kannte,
seine Zweifel ausserte und Giulio Romano die Stellen angab, wo er
seine eigne mithelfende Hand zu erkennen glaubte, vermochte Vasari
dagegen an gewissen Merkzeichen zum höchsten Erstaunen Giulio's
die Hand Andreas del Sarto's nachzuweisen.
Zu den späteren Tafelbildern des Künstlers gehört eine h. Familie
in der Galerie Barberini zu Rom, die allerdings zum Theil durch